Mossad erneut in den Schlagzeilen

■ Nach negativen Berichten in den Medien wird der Ruf nach einer Reorganisation des israelischen Geheimdienstes lauter

Jerusalem (taz) – Eine fehlgeschlagene Operation des Mossad in der Schweiz war offensichtlich der aktuelle Anlaß für den Rücktritt des Mossad-Chefs, Danny Jatom. Jatom selbst gab eine entsprechende Erklärung ab, in der er die Festnahme eines Mossad-Agenten in Bern als einen der Gründe für seinen Rücktritt nannte. Die Nachricht über die mißlungene Operation war der israelischen Presse nach gestrigen Angaben bereits am Dienstag zugetragen, doch erst am Mittwoch abend vom israelischen Fernsehen bekanntgemacht worden.

Die Tatsache allein, daß immer wieder Informationen über Mossad-Operationen an die Presse gegeben und öffentlich gemacht werden, wird von Sicherheitsexperten als untrügliches Anzeichen für den miserablen Zustand des israelischen Geheimdienstes gedeutet. Besonders verärgert zeigten sich gestern die Mitglieder des zuständigen Geheimdienstausschusses der Knesset, weil sie zum Teil gar nicht oder erst von dritter Seite über den Mossad-Fehlschlag informiert worden waren. Likud-Mitglieder des Ausschusses warfen Jatom vor, die Informationen absichtlich zurückgehalten zu haben, um den neuen Fehlschlag zu vertuschen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte jedoch, daß er bereits in der vergangenen Woche von Jatom persönlich über den Vorfall in Kenntnis gesetzt worden war.

Die erneute Festnahme eines Mossad-Agenten ist ein schwerer Rückschlag für den einst so gefürchteten und hochgelobten israelischen Geheimdienst. Seit dem mißlungenen Anschlag auf den Hamas-Chef in Amman, Chaled Maschaal, im September vergangenen Jahres ist der Mossad immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Im Dezember 1997 wurde bekannt, daß der Mossad frei erfundene Informationen von einem ehemaligen Agenten gekauft und an die Regierung weitergegeben hatte. Dies hatte zu Fehleinschätzungen über angebliche syrische Kriegsabsichten geführt. Das Ciechanover-Komitee, ein von Netanjahu eingesetzter Untersuchungsausschuß zur Maschaal-Affäre, hatte dem Mossad in seinem Abschlußbericht gravierende Fehler in Planung und Ausführung der Operation vorgehalten und dafür auch die interne Mossad-Struktur veranwortlich gemacht.

Die nun über Monate anhaltenden negativen Artikel haben den Ruf nach einer Reorganisation des Geheimdienstes lauter werden lassen. Wiederholt sind hohe Mitarbeiter aus Verärgerung über Jatom zurückgetreten. Der Geheimdienstausschuß der Knesset hatte in einem eigenen Bericht grundlegende strukturelle Veränderungen im Mossad angemahnt.

Gestern beriet Netanjahu mit Infrastrukturminister Scharon und Verteidigungsminister Mordechai über die Kandidaten für Jatoms Nachfolge. Nach Angaben des Rundfunks wird derzeit der Kommandeur des Nordabschnitts, General Amiran Levine, als Favorit gehandelt. Levine ist nach israelischen Presseberichten ein persönlicher Freund Netanjahus und war dessen Kommandeur in einer Eliteeinheit der israelischen Armee.

Die Festnahme in der Schweiz hat die Aufmerksamkeit auf frühere vergleichbare Fehlschläge des Mossad gelenkt. So wurden im April 1991 in Nikosia vier Agenten verhaftet, als sie in der Nähe der iranischen Botschaft die Batterien einer Wanze erneuern wollten. In der Schweiz selbst wurden bereits 1963 zwei Mossad-Agenten verhaftet, weil sie die Verwandte eines deutschen Wissenschaftlers einschüchtern wollten, dem die Mitarbeit an einem Raketenprogramm in Ägypten angeboten worden war. Die Affäre hatte die Beziehungen zwischen der Schweiz und Israel empfindlich gestört. Als einer der größten bekanntgewordenen Fehlschläge des Mossad aber gilt die Ermordung eines marokkanischen Kellners in Norwegen. Der Mossad hatte den Mann mit dem ehemaligen palästinensischen Geheimdienstchef, Hassan Abu Salameh, verwechselt. Georg Baltissen