: Oskar oder Gerd
Wenn morgen abend die Stimmen in Niedersachsen ausgezählt sind, beginnt der Count- down. Sieht man einmal von politischen Präferenzen ab und konzentriert sich ganz auf die Zahlen der Wahlforschung, wird das Dilemma der SPD erst richtig deutlich.
Die Ablösung Kohls ist ja in mindestens zwei Varianten möglich: Rot-Grün oder Große Koalition.
Mit der Entscheidung für den Kandidaten fällt gleichzeitig die Entscheidung für das Wahlziel. Wenn die PDS den Wiedereinzug schafft und nicht beteiligt wird, müßten SPD und Grüne nicht nur Union und FDP schlagen, sondern auch die fünf Prozent der PDS kompensieren, also knapp sechs Prozent Differenz schaffen. So eine Verschiebung hat es in der Geschichte der Bundestagswahlen aber noch nie gegeben.
Die Wahlforscher sind sich einig, daß ein solcher Erdrutsch nur mit Gerhard Schröder zu schaffen ist – wenn alles optimal läuft: die Opposition keinen Fehler macht, die Grünen zulegen und die SPD auch, weil Schröder tatsächlich die Stimmen aus dem Unionslager holt. Das ist nicht sehr realistisch.
Rechnet man in der SPD-Führung aber klammheimlich mit einer Großen Koalition, spricht alles für Oskar Lafontaine. Lafontaine steht für die Mobilisierung des SPD-Potentials. Ohne Rücksicht auf die Grünen könnte er jeden möglichen Symphatisanten der Partei an die Wahlurne bringen und damit vielleicht erreichen, daß die SPD die stärkste Fraktion im Bundestag wird – und damit den Kanzler stellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen