: Pin-up für die Feuchtträume der Revolution
■ Jane Fonda ist amerikanische Politik. Das Metropolis widmet der Schauspielerin und Aktivistin eine Retrospektive
Cover-Girl für Vogue, Comic-Pin-up, politische Aktivistin, zweifache Oscar-Preisträgerin, Fitneß-Propagandistin, Ehefrau eines der mächtigsten Männer der Welt –– Jane Fondas Karriere ist exemplarisch, um das politische und gesellschaftliche Geschehen der letzten 35 Jahre in den USA verstehen. Die Überzeugung, mit der sie jedes ihrer Anliegen vertritt, Nordvietnam-Reise oder Auslösung der Fitneß-Welle, zeugt von ihrer Ernsthaftigkeit als Schauspielerin und politischer Persönlichkeit.
Die 1937 geborene Tochter Henry Fondas begann ihre Laufbahn als Model, spielte kurz im Theater und dann im Film. Ende der 60er Jahre, Vater Henry schockte gerade als eiskalter, blauäugiger Killer in Spiel mir das Lied vom Tod, und Bruder Peter schwang sich für Easy Rider auf sein Motorrad, ging sie nach Frankreich und wurde das Pin-up für die feuchten Träume der Revolution.
Barbarella (I/F 1967) unter der Regie ihres ersten Ehemannes Roger Vadim funktioniert erstaunlicherweise auch heute noch jenseits von Trash- und Camp-Verehrung, und seine popkulturellen Nachwirkungen sind zu spüren. Die intergalaktische Geheimagentin jagt den Oberschurken Duran Duran, ihr Gruß ist ,Sieg der Liebe', und mit einer Liebesnacht bringt sie einen flügellahmen Engel wieder zum Fliegen. Der Film changiert zwischen Schund und politischem Anspruch.
Trotzdem war Barbarella der Wendepunkt ihrer Karriere: Jane Fonda trennte sich von Vadim und emanzipierte sich politisch und gesellschaftlich. Auf Liebe folgten Arbeit und Kampf. Ihr Engagement äußerte sich im Eintreten gegen den Vietnamkrieg und Rassenideolo-gien. Sie bereiste Nord-Vietnam und drehte zwei Dokumentarfilme, F.T.A. – Fuck / Free The Army und Introduction To The Enemy. Zwischendurch arbeitete sie mit Godard bei seinem „kommerziellen“Comeback Tout Va Bien. Die feministische Anarchistin und der politisch radikale Ästhet: Sie hätten ein Traumpaar sein sollen, doch es funkte nicht. Godard brauchte einen Star für seine Produzenten, Fonda wollte immer schon mehr sein als ein beliebiges Zeichen, als das Godard sie benutzte. Statt seiner heiratete sie in zweiter Ehe Tom Hayden, Anti-Militarist und Sprachrohr der radikalen Linken in den USA.
Ihr Comeback in den USA, wo „Hanoi-Jane“als Staatsfeind galt und jahrelang vom FBI überwacht wurde, gelang ihr mit Fred Zinnemanns anti-faschistischem Film Julia (USA 1976), in dem sie neben Vanessa Redgrave zu sehen ist. Redgrave ist das britische Pendant zu Fonda: aus einer arrivierten Schauspielerfamilie stammend, gutaussehend und intelligent sowie mit einem politischen und sozialen Bewußtsein ausgezeichnet, das sie radikal vertritt. Der Produzent Richard Roth kommentierte Julia mit „Die zwei berühmtesten linken Frauen der 70er spielen zwei linke Frauen der 30er Jahre“.
Selbst die Aerobic-Videos der 80er Jahre bedeuten für Fonda einen weiteren Schritt – und wenn es das Eingeständnis des Scheiterns ihres Engagements war. Auf einer festgelegten Rolle oder politischen Position stehenzubleiben, war ihre Sache nicht. Ihr war die Macht bewußt, die sie als Star besaß, und sie wußte diese Position zu nutzen, sei es für ihre politischen Ziele oder ihr Fitneß-Imperium, das sie nun aufbaute.
Am 21. Dezember ist Jane Fonda 60 Jahre alt geworden, das Metropolis-Kino widmet ihr als nachträgliches Geburtstagsgeschenk eine Reihe mit sechs Filmen. Man könnte einige Highlights vermissen, Klute von Alan J. Pakula oder Coming Home von Hal Ashby beispielsweise (ihre beiden Oscar-Rollen), aber der Bogen vom Südstaaten-Drama The Chase über Joseph Loseys selten gezeigte Strindberg-Adaption A Doll's House bis zu Stanley & Iris, in dem sie mit dem Analphabeten DeNiro ein zartes Band knüpft, zeigt das reiche Spektrum der Schauspielerin und ihre kluge Rollenwahl. Nach Stanley & Iris hat sie sich 1990 aus dem Filmgeschäft zurückgezogen und widmet sich nun dem dritten Ehemann, dem Medienmogul Ted Turner. Dies sei, so sagt sie, ein Full-time-Job.
Malte Hagener
„Julia“(OF): 1.-9.3. / „A Doll's House“(OF): 6.-11.3. / „Barbarella“(OF): 12.-19.3.; „They Shoot Horses, Don't They?“(OF) 17.- 25.3.; „The Chase“(OF): 20.- 30.3.; „Stanley & Iris“(DF): 23.- 25.3., Metropolis-Kino
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