: Knast: Hoff unterdrückte noch mehr Informationen
■ Nach Fluchtversuch eines Frauenmörders wurde Loch in der Zellenwand zugemauert
Geläutert trat der ehemalige Knast-Chef Hans-Henning Hoff vor zwei Wochen vor den Untersuchungsausschuß, der die Zustände in der JVA-Oslebshausen aufklären soll. Nach den Übergriffen auf mutmaßliche Sexualstraftäter habe er schwere Fehler gemacht, räumte Hoff ein. Trotz mehrfacher Aufforderungen seitens der Behörde, habe er zu spät Strafanzeige erstattet und seine Berichtspflichten vernachlässigt. Nach Recherchen der taz ist dies allerdings nicht der einzige Fall, in dem Hoff offenbar Informationen unterdrückt hat.
Im November 1996 – kurz nach den Übergriffen – erstattete der Gefangene P. Strafanzeige, weil mehrere Häftlinge ihn laut seiner Aussage in seiner Zelle erpreßt und ihm 700 Mark geraubt hatten. Die Anzeige des Häftlings wurde allerdings nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, sondern in der Gefangenenakte abgeheftet.
Im Juni 1996 versuchte der Frauenmörder D. aus der Haftanstalt zu fliehen. Er schabte – vermutlich mit einem scharfen Gegenstand – ein Loch in seine Zellenwand. Genau konnte die Kripo den Vorfall allerdings nicht aufklären. „Bei der Tatortbefunderhaltung zeigte sich die JVA-Leitung sehr zurückhaltend“, kritisierte die Kripo in einem vertraulichen Vermerk, der der taz vorliegt. „Unter anderem wurde trotz unserer Bitte, den Tatort nicht zu verändern, das Loch in der Zelle vor unserem Erscheinen zugemauert.“Nach der Flucht von Häftlingen reagiere Hoff generell zu spät, kritisierte die Kripo auch Monate später: „Teilweise kommt es erst nach 18 bis 24 Stunden zu Entweichungsmeldungen.“Dies sei auch bei dem spektakulären Ausbruch von vier Häftlingen im Januar 1997 der Fall gewesen. „Die zögerlichen Informationen führten zu einem unnötigen Vorsprung der Flüchtlinge.“Die Häftlinge hatten damals die Gitterstäbe eines Toilettenfensters durchgesägt. Daß in der Haftanstalt offenbar Eisensägen zu einem Preis von 150 Mark gehandelt wurden, wußte die Kripo schon 1994. Die Beamten schickten zwei beschlagnahmte Sägen „mit der Bitte um weitere Veranlassung“an den Justizsenator. „Soweit bekannt, ist nichts geschehen“, hielt die Kripo in ihren Akten fest.
Im November 1994 starb der Häftling R. an Herzversagen. R. soll im Knast mit Drogen gehandelt haben. Ein schwarzer Koffer, in dem die Kripo Drogen vermutete, verschwand unter bis heute ungeklärten Umständen. Die Kripo geht zwar ausdrücklich davon aus, daß Hoff nichts mit dem Verschwinden des wichtigen Beweismittels zu tun hatte. Daß der Koffer spurlos verschwinden konnte, obwohl die Zelle wegen der bevorstehenden Todesermittlungen eigentlich hätte abgeriegelt werden müssen, ruft bei der Kripo allerdings heute noch Kopfschütteln hervor.
Die K 34, eine Sondergruppe der Kripo, die 1995 im Knast ermittelte, kam in ihrem Bericht zu dem Schluß, daß seitens der JVA Informationen unterdrückt wurden, um den liberalen Strafvollzug nicht zu gefährden. Ob das tatsächlich der Grund ist, wird zumindest nicht mehr in einem Ermittlungsverfahren gegen Hoff wegen Strafvereitelung im Amt geklärt. Wie berichtet, wurde das Ermittlungsverfahren, in dem unter anderem geklärt werden sollte, warum die Strafanzeige des Häftlings P. nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde, aus formaljuristischen Gründen eingestellt (taz 23.7.97).
kes
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