Über zwei Jahre für Mißbrauch

■ 41jähriger Bremer wegen sexuellen Mißbrauchs verurteilt

Ein 41jähriger Mann ist gestern vom Landgericht wegen sexuellen Mißbrauchs in zwei Fällen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Wie berichtet (taz 14./15.2 und 25.2) war dem Mann zur Last gelegt worden, seine damals elfjährige Stieftochter und die dreijährige Nichte seiner Frau sexuell mißbraucht zu haben.

Eine Gutachterin hielt beide Zeuginnen in allen Punkten für glaubhaft. Während des Prozesses sagte die Stieftochter allerdings aus, ihr Stiefvater habe sie einmal sexuell mißbraucht. Die übrigen zwei Fälle habe sie sich ausgedacht, weil sie sichergehen wollte, daß ihr Stiefvater zu einer langen Haftstrafe verurteilt würde. Die Gutachterin verteidigte ihr Gutachten damit, daß das Mädchen das traumatische Ereignis des sexuellen Mißbrauchs reinszeniert habe.

Dieser Theorie folgten auch der Staatsanwalt und die Anwältin der Nebenklägerinnen, die drei Jahre Haft forderten. Der Verteidiger des Angeklagten machte hingegen geltend, daß im Zweifel für den Angeklagten entschieden werden müsse. Die Aussage der Elfjährigen sei gelogen. Sie habe sich für die Schläge, denen sie in ihrem Elternhaus immer wieder ausgesetzt gewesen sei, rächen wollen. Die Aussage der Dreijährigen, sie sei sexuell mißbraucht worden und hätte am Glied des Angeklagten lutschen müssen, sei von der Mutter in das Kind „hineingefragt“worden.

Das sah das Gericht anders. Ein dreijähriges Kind könne sich eine solche Geschichte nicht ausdenken, sagte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Das Kind hätte die Details stimmig beschrieben. Einen Komplott der beiden Mädchen gegen den Angeklagten hielten die Richter für ausgeschlossen. Die Mädchen hätten sich seit gut zwei Jahren nicht gesehen und hätten die Aussagen nicht miteinander abstimmen können.

Gleichwohl räumte das Gericht ein, daß die Aussagen der Elfjährigen aufgrund der unübersehbaren Widersprüche nicht für eine Verurteilung des Angeklagten ausreichen würden. Aufgrund der Zweifel wurde der Angeklagte deshalb in diesem Fall freigesprochen.

Das Gericht ging außerdem – wie auch die Staatsanwaltschaft – zugunsten des Angeklagten davon aus, daß der Mann die Mädchen nicht vergewaltigt hat. Eine dreijährige hätte schwerere Verletzungen davon getragen, argumentierte das Gericht. Der Angeklagte bestreitet die Tat nach wie vor und hat gegen das Urteil Revision angekündigt.

kes