: Frankfurter Vorbilder
■ Mag es nicht, wenn sich das Publikum selbst feiert: Norbert Klein kommt als Operndramaturg ans Bremer Theater / Seine Vorliebe gilt Neuer Musik
Die wenigsten OpernbesucherInnen wissen, was ein Dramaturg eigentlich macht. Bestenfalls ist ihnen klar, daß er das Programmheft produziert. Das ist kein Zufall, denn der Dramaturg arbeitet nicht nur im Hintergrund, er definiert seinen Anspruch und seine Tätigkeit auch jeweils selbst. Und das geht vom Befehlsempfänger durch den Intendanten und den Regisseur – in diesem Falle hätte er bereits entschiedene Produktionen zu betreuen – bis hin zur sogenannten „Produktionsdramaturgie“: Das heißt, der Dramaturg ist an der Wahl der SängerInnen und des Regisseurs beteiligt, er bringt eigene konzeptionelle Vorstellungen ein, er leistet die wissenschaftlich-theoretische Fundierung und Begleitung der jeweiligen Aufführung. Mit Dietmar Schwarz war in Bremen – selbstverständlich möchte man sagen – der Produktionsdramaturg tätig, der entscheidend dazu beigetragen hat, daß Oper mehr ist als hohe C's an der Rampe. Bremen hat wieder einen guten Ruf als Musiktheater. Nun geht Dietmar Schwarz als Operndirektor nach Mannheim. Sein Nachfolger wird Norbert Klein.
„Für mich, sagt der 1953 geborene Dramaturg, „gab es nie etwas anderes als Theater“. Dafür studierte er Musik- und Theaterwissenschaften in Köln und Berlin und „ist dann über die Dörfer gegangen. An Geld ist in diesem Beruf erstmal nicht zu denken, man muß es gerne machen, flexibel sein und abwarten.“Doch dann hat's geklappt: Von 1988-93 Operndramaturg in Oldenburg, von 1993 bis heute am renommierten „Musiktheater im Revier“in Gelsenkirchen.
Neben der schönen und geistigen Arbeit der Konzeptionen muß ein Operndramaturg vor allem einen sensiblen und flexiblen Umgang mit Menschen pflegen können: „Man muß immer vermitteln zwischen den Möglichkeiten des Hauses und den Forderungen des – fremden – Regieteams, zwischen dem Regisseur und dem Dirigenten.“Auch die notwendige Rolle der beobachtenden Teilnahme an den Proben, um mit dem Regisseur über Umsetzungen zu sprechen, ist schwierig, „weil die alle so unglaublich verschieden sind“.
Vorbild für Norbert Klein ist die Zusammenarbeit des Dirigenten Michael Gielen und Dramaturgen Klaus Zehelein in Frankfurt, die die Verzahnung von musikalischer Leitung, Regie und Dramaturgie weltberühmt gemacht haben. Mit dem Regisseur Christoph Nel hat er beispielweise über ein Jahr an der Konzeption von Lulu gearbeitet. Repertoirevorlieben hat er nicht. „Mir ist wichtig zu fragen, welche Stücke sagen uns noch etwas und warum.“Entscheidend sei, daß auf die großen Werke neue Blicke geworfen werden, „ein Fidelio, mit dem das Publikum sich selber feiert, das geht nicht“. Eine solche Position hat für Klein auch Auswirkungen auf das Programmheft. Es soll nicht zu wissenschaftlich sein, eine Hilfe, die Konzeption zu verstehen, aber eine lustvolle.
Außerdem hat er sich der Neuen Musik verschrieben, die in Gelsenkirchen ein bundesweit bekannter Schwerpunkt ist. Warum kommt er nach Bremen? „Hier kann man leben.“Ab Mai wird Norbert Klein ganz da sein und zwei Produktionen betreuen. Eine davon ist Marcello Pannis Oper „Das Bankett“, an der er zusammen mit dem Schauspieldramaturgen Joachim Lux arbeitet und die Ende Juni im Concordia uraufgeführt wird.
Ute Schalz-Laurenze
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