: Streiken für ein Angebot
■ Bundesweit über 130.000 öffentlich Beschäftigte haben kurz vor Beginn der vierten Tarifrunde zeitweise gestreikt. Arbeitgeber machen Angebot von Reaktion der Gewerkschaften abhängig
Berlin (dpa/AP/rtr/taz) – Kurz vor der entscheidenden vierten Tarifrunde haben die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gestern ihre Warnstreiks im gesamten Bundesgebiet ausgeweitet. Nach Angaben der Gewerkschaft ÖTV haben sich an den Aktionen mehr als 130.000 Beschäftigte beteiligt, um den Druck auf die Arbeitgeber zu verstärken und ein Angebot zu erzwingen. Allein in Nordrhein- Westfalen legten rund 45.000 zeitweise die Arbeit nieder. Schwerpunkt der Warnstreiks war der öffentliche Nahverkehr, aber auch die Müllabfuhr, Stadtverwaltungen und der Frankfurter Flughafen wurden bestreikt.
Die entscheidende vierte Tarifrunde für die 3,2 Millionen Arbeiter und Angestellten von Kommunen, Ländern und Bund sollte gestern abend in Stuttgart beginnen. Vorab äußerte Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU), daß die Arbeitgeber ein Angebot von der Haltung der Gewerkschaften abhängig machen wollen. Es werde ein Angebot unterbreitet, wenn überschaubar sei, welche Antwort die Gewerkschaften auf die Forderungen der Arbeitgeber von Bund, Ländern und Gemeinden geben, sagte Kanther gestern. Er müsse wissen, was „unterm Strich“ herauskomme. Ein konkretes Angebot wird spätestens dann vorgelegt, wenn die Gewerkschaften das Scheitern der Verhandlungen erklären sollten.
Der ÖTV-Vorsitzende Herbert Mai warnte die Arbeitgeber, ihr Angebot an Bedingungen zu knüpfen. Sollten sie als Voraussetzung für ein Angebot ein Einlenken etwa in der Frage der Lohnfortzahlung fordern, würden die Gespräche scheitern. DAG-Verhandlungsführer Christian Zahn erklärte, seine Gewerkschaft hoffe, daß die Arbeitgeber die Warnstreiks ernst nähmen und bei der Tarifrunde endlich ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegten. ÖTV und DAG haben ein Forderungspaket im Gesamtvolumen von 4,5 Prozent geschnürt. Neben dem Ausgleich der Preissteigerung und der weiteren Anpassung der Osttarife ist die Beschäftigungssicherung das erklärte Hauptziel. Die Arbeitgeber wollen dagegen einen kostenneutralen Abschluß durchsetzen und verlangen Einschnitte beim Krankengeld und in der Alterszusatzversorgung der Staatsbediensteten.
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