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■ Welt Weit GrönlingDie Frauen retten das Netz

Daß Frauen anders pinkeln als Männer, hab' ich vor langer Zeit schon mal gehört. Zuletzt wurde ich daran erinnert, als auf einer jener Hinterhofkellerpartys in Neukölln zu vorgerückter Stunde eine leicht angetrunkene und grün geschminkte Dame eine Umfrage unter den anwesenden Herren veranstaltete. Ob man(n) denn noch im Stehen pinkelt, wollte sie wissen. Klar, hab' ich gesagt, ich wäre ja bescheuert, wenn ich mich hinsetzen würde. Viel zu umständlich. Betretene Gesichter in der Herrenrunde. Offenbar bin ich der einzige, der das noch macht – und sich auch noch dazu bekennt.

Aber daß Frauen – abgesehen vom Pinkeln – irgend etwas anders machen als Männer, das kann mir niemand erzählen. Frauen lesen, schreiben, rechnen, kochen, essen, trinken, rödeln anders? Nie und nimmer! Unterm Strich geht's immer nur um das eine, auch wenn es hier einen klitzekleinen Unterschied gibt. Aber es gibt immer noch ein paar Unverzagte, die das anders sehen. „Frauen erben anders“ – damit wirbt eine Firma, die vorgibt, sich um die besonderen finanziellen Belange von Frauen zu kümmern (www.frauenfinanz dienst.com). Was ist daran so besonders? Oder geht es etwa bei der „2. Erbinnenkonferenz“ um die hundert Wege, den Alten möglichst unauffällig um die Ecke zu bringen? Den „Mut zum Vermögen“ braucht doch nur, wer derartiges im Schilde führt.

Und daß Frauen mit nur einem geringen Anteil im Internet aktiv sind, ist keine Frage der Biologie. Die Zahl der Internetnutzer hat sich hierzulande im letzten Jahr verfünffacht. Gleichzeitig ist auch der Frauenanteil drastisch gestiegen. Erst waren es 0,5 Prozent, dann 5, bald sind es 25 und noch mehr. Dem Netz tut das nur gut. Die aktiven Frauen gehen offensichtlich auch pragmatischer damit um als die Männer, da gibt es schon einen Unterschied. Zum Beispiel die Hausfrauenseite. Sie zählt zu den besten im Lande, und es ist eine Freude, sie zu betrachten. In der Rubrik „Frauen, die auffallen“ werden drei Namen genannt: Astrid Lindgren, Jamie Lee Curtis und Lise Meitner. Genau! Aber es geht noch weiter: Die Macherin hat auch den Webring „Mütter mit Modem“ initiiert, dem bereits 55 Frauen angehören (www.Icf.de/hausfrau/mm .shtml). Männer sind ausdrücklich erwünscht, und wer sich die Zeit nimmt und die Liste durchklickt, wird manche Überraschung erleben. Frauen klicken nicht anders als Männer. Sie machen andere Inhalte – und die sind meist hundertmal phantasievoller und lebendiger. Dieter Grönling

dieter@taz.de

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