: „Erkrankungsrate in Deutschland ist völlig normal“
■ Seltenes Bakterium löste Meningitis aus. Seuchenexperten suchen nach der Infektionsquelle
Berlin (taz) – Es bestehe kein Grund zur Panik. Für das Robert- Koch-Institut (RKI) in Berlin ist die Erkrankungsrate in Deutschland bei bakterieller Hirnhautentzündung völlig normal. „Wir haben keinen Hinweis, daß außerhalb des Landkreises Rottal die Situation außergewöhnlich wäre“, sagte gestern der RKI-Sprecher Edgar Muschketat. Abgesehen von den in Rottal gehäuft aufgetretenen Infektionen lägen 1998 auch in Bayern die Meldezahlen für die Meningokokken-Meningitis unter denen des Vergleichszeitraums 1997. Insgesamt 809 durch Meningokokken ausgelöste Hirnhauterkrankungen registrierte das RKI im vergangenen Jahr – pro 100.000 Einwohner ein Fall. Hirnhautentzündungen können sowohl durch Viren als auch durch Bakterien ausgelöst werden. Während die viralen Erkrankungen oft harmlos verlaufen, häufig sogar noch nicht einmal erkannt werden, ist bei den durch Bakterien verursachten Hirnhautentzündungen ärztliche Behandlung dringend angesagt.
Nach Angaben des RKI ist für die in Rottal registrierten Hirnhautentzündungen eine seltene Untergruppe des Bakteriums Neisseria meningitidis verantwortlich. Die Serogruppe C gehört zu den besonders leicht übertragbaren Meningokokken. Mit den winzigen Speicheltropfen, die beim Niesen oder Husten als Aerosole in die Luft gelangen, wandern die Bakterien von Mensch zu Mensch. Nach Angaben des RKI-Leiters, Reinhard Kurth, sei es durchaus möglich, daß sich mehr Leute infiziert hätten, als man bisher erkennen könne, da bei vielen die Krankheit nicht ausbreche. „Wir wissen nicht, warum das so ist“, sagte Kurth.
Das Gefährliche an der Meningokokken-Meningitis ist der schnelle Verlauf. Die Infektion ist häufig schwer von normalen Kopf- und Nackenschmerzen zu unterscheiden. Die Patienten können auch unter Erbrechen, Schüttelfrost, Krampfanfällen, Nieren- und Herz-Kreislauf-Versagen leiden. Bei den bakteriellen Hirnhautentzündungen ist eine schnelle Behandlung mit Antibiotika für den Verlauf der Krankheit entscheidend. Wird der Arzt zu spät aufgesucht, kann die Krankheit tödlich verlaufen, oder es treten irreversible Schädigungen auf. Lähmungen oder Nervenausfälle können die Folge sein. Eine vorbeugende Schutzimpfung ist möglich. Die Schutzwirkung tritt allerdings erst eine Woche nach der Impfung ein. Eine allgemeine Impfung wird nicht empfohlen.
Zur Zeit suchen die Experten in Oberbayern noch nach der Infektionsquelle. Sie vermuten, daß sich die bisher registrierten zehn Infizierten auf Faschingsfeiern angesteckt haben. Wolfgang Löhr
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