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Qualitätskontrolle im Labor führte auf die Spur

■ Prozeß um sexuelle Kindesmißhandlung ist erneut von Foto-Großlabor ausgelöst worden

Ohne einen aufmerksamen Foto-Laboranten wäre es nicht zu diesem Prozeß gekommen: Seit gestern müssen sich zwei Männer und eine Frau wegen sexuellen Mißbrauchs eines zwölfjährigen Mädchens und Verbreitung von pornographischen Schriften vor dem Landgericht verantworten. Ihre 34jährige Mutter, deren Lebensgefährte und ein gemeinsamer Bekannter, ein Finanzbeamter, sollen die Schülerin im vergangenen Jahr in vier Fällen beim Gruppensex mißbraucht haben. Die dabei entstandenen Bilder wollte das Trio nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft als Pornos vermarkten. Dazu kam es jedoch nicht, weil die Kripo schon auf der Lauer lag, als der einschlägig vorbestrafte Finanzbeamte die Fotos in einem Fachgeschäft abholen wollte. Die Verhandlung fand gestern unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt.

Der Prozeß ist bereits der zweite innerhalb eines Jahres, bei dem die Ermittlungen durch die Mitwirkung eines Foto-Großlabors ausgelöst worden waren. Und das, obwohl sämtliche Großlabors beim Entwickeln und Abziehen rein maschinell arbeiten. Zum Verhängnis geworden ist den Beschuldigten die anschließende Qualitätskontrolle. Die Rollen mit den ungeschnittenen Bildern laufen über die Tische von Laboranten und werden von diesen auf mögliche Fehler hin überprüft. Bei einem Durchlauf von rund 2.500 Bildern pro Rolle und einem Aufkommen von bis zu einer Million Fotos am Tag in der Urlaubshochsaison können sich die Angestellten zwar nur einen Gesamteindruck von der Qualität verschaffen. „Aber Motive mit nackten Kindern in unnatürlichen und extremen Positionen würden uns in 70 bis 80 Prozent der Fälle auffallen“, sagte der Leiter eines Berliner Großlabors gestern auf Nachfrage.

Bilder von nackten, spielenden Kindern und freizügige Aufnahmen von Erwachsenen „sind unser täglich Brot und interessieren uns überhaupt nicht“, suchte der Laborchef dem Eindruck vorzubeugen, die Diskretion in den Großlabors sei möglicherweise nicht gewahrt. Die Mitarbeiter seien vieles gewohnt und gewiß nicht zimperlich. Wenn der Verdacht von strafbaren sexuellen Handlungen besteht, schaltet das Großlabor zunächst einen Mitarbeiter des Kinderschutzbundes ein. Denn: „Die Grenzen sind fließend.“ Erst wenn der Kinderschutzbund grünes Licht gebe, werde die Kripo informiert. Das geschehe vielleicht zwei bis dreimal im Jahr. Ein Großlabor außerhalb der Stadt bestätigte diese Zahl. Plutonia Plarre

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