: Kinderkanal goes Viva
■ 13jährige wollen keine Kinder mehr sein, sollen aber trotzdem Kinderkanal gucken. Daher wird er nun jeden Freitag hip
Einen 13jährigen als Kind zu bezeichnen, ist nicht ungefährlich. Im wirklichen Leben kann das schon mal zu blauen Flecken führen. Medienmacher werden dafür mit Wegzappen bestraft.
Beim ARD/ZDF-Kinderkanal war die Degradierung der jungen Teenager und der nicht minder problematischen Zehn- bis Zwölfjährigen seit dem Start im Januar 1997 Programm. Die Altersgruppe macht den Programmachern Sorgen. Geschäftsführer Albert Schäfer: „Die Unterschiede zwischen 3- und 13jährigen sind natürlich wesentlich größer als die zwischen 20- und 40jährigen.“ Das zeige sich im Zuschauerverhalten. Ältere Kinder finden es eben spannender, abends Schimanski mitzugucken, als sich tags mit dem Tigerentenclub zu begnügen. Aus Statistiken zieht Schäfer den Schluß, daß der mangelnde Erfolg am fehlenden Angebot liege, nicht an der Unverträglichkeit von Kleinkinderprogramm und dem Selbstbild von Frühpubertierenden: „Sie gucken immer mal, was bei uns läuft, schalten aber wesentlich häufiger weiter.“
Das soll nun „XXup“ ändern. XX steht für das einfallslose Logo des Kinderkanals, „up“ heißt bei den Programmachern „hoch“, also „älter“. Die Nachmittagsschiene am Freitag ab 15.30 Uhr bis 18.05 Uhr ist ab heute so betitelt, und das soll die 10- bis 13jährigen zum Dabeibeleiben animieren. „Eine gut erkennbare Fläche für die Älteren, in der die Sendungen, in denen es um ihre Themen geht, gebündelt sind“, meint Schäfer.
Der „XXup“-Mix setzt sich zusammen aus Zeichentrick- und Realserien, aus Magazinen und den Kindernachrichten „logo“. Das Programmdesign, das das Ganze optisch vom Rest abheben soll, sieht aus, als sei es von einer Provinzwerbeagentur zusammengeschustert mit der Vorgabe: Alles jung und hip. Schneller, bunter, frecher, also wohl videoclippiger soll alles sein, heißt es. Näher erklären können das die PR-Leute nicht. Ebensowenig wie die Erfolgsaussichten: Wird eine einzige Jugendschiene in der Woche Kids, die sonst vor Pro 7 hängen, tatsächlich zum Kinderfernsehen treiben?
Für das nächste halbe Jahr sind beispielsweise die australische Schwimmserie „Sweat“ und die US-Schulserie „Degrassi High“ eingeplant. Auch in dem 3-D-animierten Computermärchen „ReBoot“ werden die alten-jungen Zuschauer auf das wahre Leben vorbereitet, geht es doch um ganz reale Probleme wie den Virus Megabyte. Zwei 15minütige Magazine haben den Anspruch, die Eintönigkeit herkömmlicher Kinderprogramme aufzubrechen.
Das Trendmagazin „ReläXX“ informiert über so wichtige Dinge wie die neuesten Turnschuhe oder die hippste Sportart. Und die „Aktiv BoXX“, die es auch sonst unter der Woche gibt, behandelt Themen, zu denen die Zuschauer am Telefon in der Sendung was erzählen können. Das sind Themen wie: American Football, Duft, Ostern. „Harte“ Themen wie Schulgewalt, Drogen oder Politik, die einem öffentlich-rechtlichen Angebot gut anstünden, sind einstweilen nicht eingeplant.
Eine Reihe über Popmusik mit Interviews und dergleichen ist hingegen bislang nur geplant. Vielleicht kriegt der Kinderkanal die ersten Viva-Gucker ja doch noch. Ania Mauruschat
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