Nachgesang: Der Bremen-Boß ist überflüssig
■ Bruno Waltert war das Bauernopfer im Springer-Vorstands-Deal
Nach dem Wechsel im Springer-Vorstand rollen jetzt die ersten Köpfe – in Bremen. Bruno Waltert, 60, ist Ende Februar „in bestem Einvernehmen aus unserem Hause ausgeschieden“, heißt es lakonisch in einer Springer-Hausmitteilung. Der „journalistische Berater des Vorstandes im Rang eines Chefredakteurs“ist überflüssig geworden, seit Claus Larass von der Bild-Zeitung in die Verlags-Spitze gewechselt ist.
Seitdem muß sich Waltert um die Geschicke der Welt-Bremen kümmern. Intern heißt es, daß ihm sein Ausscheiden aus dem ungeliebten Auftrag in der Hansestadt Bremen mit einer Millionenabfindung versüßt worden ist.
Damit dürfte der neue Vorstands-Chef August „Gus“Fischer den Startschuß für das Großreinemachen im Verlag gegeben haben, das sein Vorgänger Jürgen Richter nie so recht in die Tat umgesetzt hatte.
Zudem wird gemutmaßt, daß auch Larass seine Finger direkt mit im Spiel hat. Er soll mit aller Macht versuchen, seinen journalistischen Ziehsohn Kai Diekmann, Ex-Mitglied der Bild-Chefredaktion, als Berater wieder in höhere Springer-Weihen zu befördern. Diekmann war wegen seines Kanzler-Schmusekurses auf Betreiben Richters geschaßt worden. Darüber hatte sich Richter wiederum mit Friede Springer verkracht.
Das aktuelle Bauernopfer dieser Springer-Intrigen, Waltert, gehört dem Verlag seit 1969 an. Sein Aufstieg begann in der Welt, deren stellvertretender Chef er später wurde. Im Januar 1988 übernahm er dann die Führung der Berliner Morgenpost – „mit allen Herausforderungen, die die Wende und danach die Deutsche Einheit mit sich brachten“, so der Waltert-Nachruf von Springer-Chef Fischer.
Seit Oktober 1996 durfte Waltert dann den Fischer-Vorgänger Richter „im Rang eines Chefredakteurs“(Waltert über Waltert) beraten, was dieser aber nicht so recht zu schätzen wußte.
Der Abstieg Walterts begann dort, wo sein Aufstieg begonnen hatte – bei der Welt.
Statt im Hamburger Verlagshaus dem Vorstand mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, durfte sich Chefredakteur Waltert um den Aufbau der wöchentlich erscheinenden Welt-Lokal-Beilage in Bremen kümmern.
Layout-Bögen am Kopierer verkleinern gehörte ebenfalls zu den verantwortungsvollen Tätigkeiten, wie steter Kaffeeklatsch mit Angestellten der Bremer Handelskammer. Daß der gute Mann dadurch nicht ausgelastet war, beweist die Tatsache, daß Waltert bei öffentlichen Vorträgen schon mal selig und schnarchend entschlummert.
Jens Tittmann
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