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Keine Fremd-Punks nach Altona

Abriß statt Wohnprojekt: Die Saga-Häuser Sommerhuder Straße sollen nach jahrelangem Leerstand nun doch abgerissen werden  ■ Von Heike Haarhoff

Ein paar Fenster sind vernagelt, das Gemäuer sieht nicht vertrauenerweckend aus und auf dem Grundstück vor dem Haus lagert Müll. Jahrelange städtische Untätigkeit oder bewußte Leerstandspolitik – das Resultat ist jedenfalls eindeutig: Die Sommerhuder Straße 3 - 7 ist in einem Zustand, den das Bezirksamt Altona als „unbewohnbar“einstuft.

Jahrelangem Leerstand, der Häuserbesetzung durch Punks, Straßenkämpfen mit anschließender Räumung im Herbst 1990 und späterer Nutzung als Flüchtlingsunterkunft folgte wiederum mehrjähriger Leerstand. Grund genug, das schäbige Haus abzureißen, argumentiert die städtische Wohnungsgesellschaft Saga als Eigentümerin. Sie plant auf dem Grundstück einen Neubau mit Sozialwohnungen. Genehmigt, sprachen SPD und CDU am Dienstag abend im Altonaer Bauausschuß. Gegen den Willen der GAL und des Sanierungsträgers Stattbau, dessen Geschäftsführer Tobias Behrens „diese Haltung nicht witzig“findet.

Behrens wollte „erstmal prüfen“, ob das Gebäude nicht doch instandgesetzt werden könne. Jugendliche Punks, denen die Stadt seit geraumer Zeit ein Wohnprojekt versprochen hat, weil sie zuvor das besetzte Haus Kampstraße 7 im Schanzenviertel friedlich geräumt hatten, hätten in Eigenleistung und mit alternativen Baubetreuungsmitteln das Haus eventuell wieder flott machen können. Behrens: „Das hätte Beschäftigungs- und Orientierungseffekte gegeben.“

Es gebe nicht mehr viele „Objekte in der Stadt, wo solche Wohnprojekte realisierbar sind“. Stattbau habe laut Satzung den städtischen Auftrag, „dafür geeignete Gebäude zu ermitteln“. Jetzt aber werde seine Firma selbst an der Haus-Begutachtung gehindert. Auch Martin Below, baupolitischer Sprecher der Altonaer GAL, hätte „das Verfahren gern solange ausgesetzt, bis klar ist, ob man aus Kostengründen besser abreißen muß“. Auch darüber, ob der Einzug der Punks für den Stadtteil wünschenswert sei, hätte man, so Below, mit den Grünen debattieren können.

Doch diese Frage hat Horst Emmel, Fraktionschef der SPD, längst für sich entschieden: Das Projekt sei „nicht stadtteilverträglich“. Altona habe sich schon genug für Projekte mit „schwieriger Klientel“engagiert. In der Lobusch- und in der Bernstorffstraße würden Gebäude für sozial benachteiligte Gruppen saniert und in der Max-Brauer-Allee Jugendwohnungen hergerichtet. Im übrigen, so Emmel, kämen die Punks ursprünglich ja gar nicht aus Altona – die Kampstraße liegt schließlich im Bezirk Mitte.

Die Verantwortung für den jahrelangen Leerstand weist die Saga derweil von sich: „Wir haben das Haus zwar jahrelang für die Stadt verwaltet, aber erst Mitte 1997 gekauft“, windet sich Sprecher Reinhold Ostendorf. Er wisse nur, daß das Haus „mit verantwortbaren Mitteln“schon „seit Jahren“nicht mehr instandzusetzen sei. Warum die Saga nicht frühzeitiger handelte? Ostendorf: „Es kommt immer irgendwann zu einem Zustand.“

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