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■ QuerspalteHerr Buprä

Muß man zum Doc Herr Doktor sagen? Ist nur eine Apothekerin Apothekerin oder auch schon die Ehefrau eines Pillenhändlers? Ist der Herr Meier Herr Meier auch noch dann, wenn er grad den Karriereweg eines Oberinspektorenlaufbahnanwärtergehilfen beschreitet? Schwere Etikette.

Wir blicken nach weltlich ganz oben, zum Amte des Bundespräsidenten. Chef R. Herzog war gerade mit Ex-Kicker R. Völler goodwillbedingt nach Afrika aufgebrochen, da hatte Redakteurskollege T. ein Begehr. Sein angesehnes Print- Magazin suchte prominente Autoren für ein prominentes Thema (Fußball halt). Mutig sprach er also vor beim persönlichen Referenten des Deutschen mit der Rückennummer 1: Ob der hochverehrte Fußballfreund Herr Herzog vielleicht das angedachte Thema in angemessen hintergründig humorvoller Weise juristisch versiert, vielleicht gar mit apercuartigen Spitzen versehen formvollendet abzuhandeln sich vorstellen könne... „Wie re-den Sie ei-gent-lich von un-se-rem Herrn Bun-des-prä-si-den-ten?“, kläffbaffte da der Herr Bundespräsidenten-Bürovorsteher los: 95 Prozent der Bevölkerung sagten immer anstandsarm Herr Herzog, kreuzscheußlich sei dies doch, könne man denn nicht zumindest von einem Journalisten die angemessen höflich-ehrerbietige Anrede „Herr Bundespräsident“ gewärtigen? „Ob der Herr Bundespräsident etwas schreiben könne!“

Nach dieser „sehr strengen Maßregelung“ (T.) war das Thema durch. Der Oberdeutsche wird den präsidialen Federkiel liegen lassen. Schade, Buprä. Komische Anredenwelt: Wer sich in den niederkulturellen Niederlanden als Dr. Sowieso vorstellt, wird wegen plumper Angeberei ausgelacht oder bekommt einen aufgerissenen Hals als Antwort: Aaah, wenn Sie mal hier nachgucken könnten, Herr Doktor. Deutschland dagegen: Herr Wachtmeister! Frau Präsidentin! Will bald die Gattin eines Entlassenen mit „Guten Tag, Frau Arbeitslose“ begrüßt werden? Fragen über Fragen meint der Herr Journalist Prof. Bernd Müllender

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