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Opulente Einsamkeit

Das syrische Restaurant Saliba im Museum für Völkerkunde ist eines der skurrilsten und manchmal einsamsten Cafés in Hamburg  ■ Von York Pijahn

„An meinem ersten Arbeitstag kam ich die Treppe zum Café hoch, hab zur Decke geguckt und gedacht: Mensch, ist das hoch.“Seitdem sind vier Jahre vergangen. Khaled Tabseh steigt jeden Morgen außer montags die mit Marmor verkleidete Treppe des Museums für Völkerkunde hoch. Jeden Morgen außer montags sieht er dann die gewölbte, mit achteckigen Reliefs überzogene Decke, die kuppelartig die 250 Quadratmeter Fußboden überspannt: das syrische Café und Restaurant Saliba – montags immer geschlossen.

Würde man sich unter die Decke hängen, könnte man erkennen, daß der Raum wie eine Kaffeebohne geformt ist, an deren Wänden Südseekanus, Ausstellungsstücke des Museums, als monumentaler Wandschmuck für immer vor Anker gegangen sind. Auf der Kaffeebohne stehen dunkelbraune Holztische, die auf Gäste warten. Meist vergebens. Zwischen den in breiten Blöcken in den Saal einbrechenden Sonnenstrahlen sitzen nur wenige, oft gar keine Besucher in dem syrischen Café. „Samstags und sonntags ist hier immer ordentlich was los. Oft sind alle 150 Sitzplätze belegt“, verrät Khaled Tabseh und beäugt vorwurfsvoll den noch nicht angerührten Milchkaffee. „Freitags und dienstags ist es eher ruhig.“

An eben diesen Tagen genießt der Besucher des hallenartigen Cafés mit den riesigen Fenstern das Gefühl eines Schwimmers in einem Pool, den man ganz für sich alleine hat. Während der Milchaufschäumer der Espressomaschine zufrieden grunzt, kann man stundenlang im exotischen Kolonialstil des Cafés baden, in den Ausstellungsräumen völkerkundlicher Klugheit flanieren, um wieder in einer Melange aus Zeitungslektüre und Koffeinsegen dahinzutreiben.

Hierin liegt der besondere Charme des Cafés und Restaurants, in dem Lamm auf Senf-Thymian-Sauce und am Wochenende Brunches mit europäischen und syrischen Spezialitäten gereicht werden: Wie in Edward Hoppers Gemälde „Nighthawks“ist das Saliba nicht ein Ort, um Leute zu treffen, sondern ein Café, in das man geht, um stundenlang niemanden Bekanntes zu sehen, um sich allein oder zu zweit an der Opulenz des Raumes und der knarzigen Schönheit des Museums mit der massigen Marmorverkleidung zu berauschen.

Das Gros der Kaffee- und Biertrinker, Grappa- und Espressostürzer, Martini- und Cognacnipper betritt das Saliba auf dem Weg von einem Austellungsraum zum nächsten. Auf der Passage von der Schamanenkultur Koreas zu dem breiten Lächeln der Südseeinseln ist der Museumsbesucher überrascht, wenn er zufällig in das weitläufige, schöne und vor allem leere Café hineinstolpert.

Es gibt aber auch Stammkunden, die regelmäßig vor den mit lichtdurchlässigen Vorhängen drapierten Fenstern Platz nehmen. „Wir haben Gäste, die kommen regelmäßig und bleiben für drei Stunden hier“, erklärt der für die Küche zuständige Tabseh.

Und solange keine Schulklassen durch das Museum krawallen, sind das drei Stunden in einer syrischen Oase, drei Stunden in einem der skurrilsten und einsamsten Cafés Hamburgs.

Saliba im Museum, Hamburger Museum für Völkerkunde, Rothenbaumchaussee 64, geöffnet täglich (außer montags) von 10 bis 18 Uhr, sonntags Brunch von 11 bis 15 Uhr

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