piwik no script img

Maly: „Die SPD muß wieder näher ans Volk ran“

■ Der Herausforderer: Jürgen Maly geht lieber auf Demos, anstatt schlaue Broschüren zu verteilen

Jürgen Maly will SPD–Chef werden. Der Anwalt für Arbeitsrecht trat 1971 in die SPD ein und ist Mitglied im Landesvorstand.

taz: Herr Maly, Sie wollen Albers als Landesvorsitzenden ablösen. Welche Fehler hat er denn Ihrer Meinung nach gemacht?

Jürgen Maly: Albers hat sich auf die Rolle des Nebenregierungschefs konzentriert. Außerdem polarisiert er die Partei. Wenn in zwei Jahren fast 1.000 Mitglieder die Partei verlassen, dann hat er es nicht geschafft, die SPD zusammenzuhalten. Ich denke dabei zum Beispiel an so verdiente Genossen wie den ehemaligen Unterbezirksvorsitzenden Armin Stolle. Ein Landeschef ist dafür zuständig, die Parteiarbeit zu organisieren. Er muß die schöpferische Kraft, die zum Beispiel aus den Beiräten und von den Mitgliedern kommt, bündeln und fördern. Dazu gehört auch eine umfassende Informationspolitik. Und das hat Albers vernachlässigt.

In gut einem Jahr wird in Bremen wieder gewählt. Haben Sie einen Koalitionswunsch?

Ich arbeite dafür, daß es wieder eine starke SPD gibt, die in der Bevölkerung ankommt, so daß wir uns den Koalitionspartner aussuchen können – wenn wir überhaupt einen brauchen.

Und wenn Sie doch einen Koalitionspartner brauchen?

Dann suchen wir uns den Koalitionspartner aus, mit dem wir ein höchstmögliches Maß an SPD-Politik umsetzen können.

Also die Grünen?

Das entscheiden wir nach der Bürgerschaftswahl – wenn dann überhaupt eine Entscheidung ansteht.

Bei der letzten Bürgerschaftswahl im Mai 1995 hat die SPD einen erheblichen Stimmeneinbruch erlitten. Woran lag das?

Viele SPD-Politiker betreiben eine Politik, die sie von der Bevölkerung isoliert. Sie hören den Menschen im Land überhaupt nicht mehr zu. Und das ist mit dem Bild einer Volkspartei nicht zu vereinbaren! Die SPD ist keine Nebenregierung. Sie ist die Sozialdemokratische Partei. Ich gehe lieber zur Hemelinger Dienstags-Demo, anstatt schlaue Broschüren zu verteilen.

Gerhard Schröder hat in Niedersachsen abgeräumt und ist Kanzlerkandidat. Sie waren für Lafontaine...

... Nein, das stimmt nicht. Ich habe immer gesagt, wenn wir die Bundestagswahl gewinnen wollen, brauchen wir einen starken Kanzlerkandidaten. Noch im Dezember habe ich gesagt, wenn wir die Niedersachsen-Wahl verlieren, verlieren wir die Bundestagswahl. Oskar Lafontaine ist und bleibt unser starker Parteivorsitzender.

Stichwort Große Koaltion.

Ich halte es für einen Irrweg, zu glauben, daß mit milliardenschweren Projekten, die noch nicht einmal überprüft werden können, die Wirtschaft saniert werden soll. Ich wäre eher dafür, endlich dafür zu sorgen, daß die bremischen Betriebe unterstützt werden. Das muß im übrigen nicht viel kosten, das geht zum Beispiel auch, wenn Behördenwege verkürzt und Bewilligungsverfahren beschleunigt werden..Fragen: kes

Fragen: Kerstin Schneider

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen