„Der Beweis, daß wir recht haben“

■ Polizeistatistik: Weniger, aber brutalere Straftaten

Lange währte die Freude von Innensenator Ralf H. Borttscheller (CDU) an seiner Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für das vergangene Jahr nicht. Kaum hatte er den Dreh gefunden, die erstmals seit 1992 wieder unter 100.000 gesunkene Gesamtzahl der Straftaten im Lande Bremen sowie alle Einzelwerte als besonderen „Erfolg unserer Politik“darzustellen, relativierte Polizeipräsident Rolf Lüken das Zahlenwerk. „Wir können schon mal überlegen, wie wir uns nächstes Jahr verkaufen, wenn sich die Zahlen nicht halten lassen“, sagte er und baute vor: „Es muß nur ein paar Serien von Straftaten geben, dann verschiebt sich das Ergebnis ganz schnell.“

Das könnte vor allem der Aufklärungsquote drohen, die von 42,5 Prozent 1996 auf nunmehr 45 Prozent, den besten Wert seit 1971, gestiegen ist: Wieviele der registrierten Straftaten aufgeklärt werden, hängt davon ab, um welche Delikte es sich handelt: Bei Diebstahl liegt die Quote mit durchschnittlich weniger als 30 Prozent (1997: 27,2 Prozent) generell erheblich niedriger als bei Vergewaltigung, Mord und Totschlag, die leichter aufzuklären sind (1997: 63,8 und 86,4 Prozent). Diebstähle aber sind 1997 8,2 Prozent weniger registriert worden. Bei den Morden und Totschlägen gab es dagegen ein Plus von 22 Prozent, bei Raubüberfälle von 12,4 Prozent. Daß die Zahl der statistisch erfaßten Vergewaltigungen sogar von 108 auf 152 hochgeschnellt ist, erklärte Borttscheller mit der Unberechenbarkeit der Opfer, die zu einer „Schwankungsbreite“in den erfaßten Zahlen führe: „Erfahrungen zeigen, daß die Zahl besonders abhängig ist von der Anzeigebereitschaft.“

Ebenfalls zu der hohen Aufklärungsquote in der Gesamtstatistik beigetragen hat, daß die Polizei vor allem mit ihren Sondertruppen rund um den Hauptbahnhof und im Viertel 5,7 Prozent mehr Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz festgestellt hat als 1996 – für den Innensenator „ein Beweis dafür, daß wir recht haben mit dem Einsatz von Brechmitteln“. Damit könne man „die Beweislage verbessern“und zugleich potentielle Straftäter abschrecken. „Die gehen dann nach Hamburg, wo sich zeigt, wohin eine rotgrüne Politik führt.“

Daran daß in Bremen der Anteil der Kinder und Jugendlichen immerhin von 18,8 auf 20 Prozent aller „Tatverdächtigen“gewachsen ist, könne die Polizei allerdings „nichts machen“. Hier seien in erster Linie die Familien verantwortlich, die ihren erzieherischen Aufgaben immer weniger nachkämen.

bw