piwik no script img

Castor des AKW Krümmel ist nicht sicher

Bei einem Falltest brachen Schrauben an dem Castor-Behälter, in dem norddeutscher Atommüll zur Wiederaufbereitung nach England gebracht wird. Kieler Staatssekretär zweifelt auch an Sicherheit des Ahaus-Castors  ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – So ein Pech für die Atomlobby. Alles schaut nach Ahaus, wartet auf die große Auseinandersetzung um die Ankunft der neuen Riesen-Castoren in einer Woche, da muß das AKW Krümmel bei Hamburg seine Castor-Transporte aussetzen – ausgerechnet wegen mangelnder Sicherheit. Das nährt Zweifel auch an der Unbedenklichkeit des Transports nach Ahaus.

Der kleine Bruder der Ahauser Mega-Castoren ist in Krümmel der NTL11. Ein verkleinertes Modell des NTL11 ließ nun die französische Genehmigungsbehörde aus neun Meter Höhe herunterfallen, der übliche Weg, einen Auffahrunfall beim Entgleisen des Bahntransports zu simulieren. Und siehe da: Am Deckelstoßdämpfer, der vorn am Behälter angebracht die Wucht eines möglichen Aufpralls mindern soll, brachen die Schrauben ab. Sie sollten den Dämpfer am Castor fixieren. Die Reaktion des Betreibers der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield, zu der die Castoren aus Krümmel gebracht werden: Stopp aller Transporte mit dem NTL11- Behälter aus Deutschland.

Dieser Castor dient dem Kieler Energieministerium zufolge schon seit „etlichen Jahren“ für die Transporte abgebrannter Brennstäbe aus Krümmel nach Sellafield. Rund fünf bis sechs Mal pro Jahr wurde in dem unsicheren Behälter Atommüll durch Deutschland gekarrt. Vor dem erfolgreichen Abschluß neuer Tests mit verbesserter Stoßdämpferhalterung darf der NTL11 nicht wieder rollen. Die Kernkraftwerk Krümmel GmbH glaubt nicht, daß die vor Ende des Jahres abgeschlossen sind.

Nun ist der NTL11 nicht baugleich mit den neuen Castoren für Ahaus vom Typ V/52. Doch die gebrochenen Schrauben nähern den Zweifel auch an deren Sicherheit. Zwar erklärte Umweltministerin Angela Merkel immer wieder, die V-Castoren seien ausreichend getestet. Dies geschah aber nur am Computer, wie der unabhängige Experte Wolfgang Neumann von der Gruppe Ökologie in Hannover herausfand. Echte Falltests wurden demnach nur an Vorläufermodellen gemacht. Ein „lückenloser Sicherheitstest“ dürfe nicht nur „aus Rechenmodellen bestehen“, erklärt Neumann, sondern muß echte Falltests enthalten“.

Greenpeace legte deshalb am Freitag Widerspruch gegen den Einsatz der Castoren beim Bundesamt für Strahlenschutz ein. Greenpeace-Experte Christian Bussau ist sicher: „Der neue Fall stützt unsere juristischen Argumente.“ Das sieht der grüne Staatssekretär im Kieler Energieministerium, Wilfried Voigt, ähnlich: „Der Vorgang zeigt, daß es mehr als fragwürdig ist, Falltests nur am Computer zu simulieren.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen