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Ränkespiele bei Radio Bremen

■ Dreyer (CDU) fordert auch als DAGlerin Rücktritt des Intendanten / Klostermeier: Ich bleibe

„Eine gedankliche und sprachliche Fehlleistung“(SPD-Landeschef Detlev Albers) sei das gewesen, „schäbig“(CDU-Landeschef Bernd Neumann), „mißverständlich und nicht ganz glücklich“(Heinz Möller, Arbeiterkammer) – ausnahmsweise waren sich alle einig: So etwas tut man einfach nicht. Anlaß für die gemeinschaftliche Schelte: Am Montagabend hatte Radio Bremen-Intendant Karl-Heinz Klostermeier während der Rundfunkratssitzung erklärt, er könne „verstehen, daß die Leute in der Situation, in der sich der Sender befindet, nach einem Führer rufen. Das war 1932 schon mal so“. Später hatte er sich dafür entschuldigt. Einen Grund zurückzutreten, sehe er deshalb nicht, stellte er jetzt klar.

Das fordert nach dem CDU-Landesverband und der SPD-Bürgerschaftsfraktion nun aber auch die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG). Klostermeier habe „Mitarbeiter in die Nähe von Faschisten gerückt und sich damit endgültig disqualifiziert“, erklärte Brigitte Dreyer (CDU), DAG-Vertreterin im Rundfunkrat, am Mittwoch. Sie werde versuchen, im Rundfunkrat eine Zweidrittelmehrheit zu finden, um ihn abzusetzen.

„Das wäre aber wirklich überbewertet“, erklärte Möller, ebenfalls Mitglied des Rundfunkrates. „Die Mitglieder bringen wohl ihre unterschiedlichen Funktionen durcheinander.“Im Klartext: „Die Aufgabenstellung des Rundfunkrates wird von den Parteien beeinflußt.“

Dieser Einschätzung schloß sich auch Wilhelm Tacke an, Öffentlichkeitsreferent der Katholischen Kirche. Der „Ausrutscher“werde instrumentalisiert, um die Chancen für eine Strukturveränderung zu erhöhen.

CDU, AfB und Teilen der SPD ist das Direktoriumsmodell ein Dorn im Auge, bei dem Intendant (Karl-Heinz Klostermeier), Verwaltungsdirektor (Peter Dany) und die Programmdirektoren für Fernsehen (Rüdiger Hoffmann) und Hörfunk (Hermann Vinke) gleichberechtigt arbeiten und sich nur gegenüber dem Rundfunkrat verantworten müssen – der sich aus 38 VertreterInnen aus Parteien, Gewerkschaften, Verbänden, Kirchen und Organisationen zusammensetzt. Sie wollen den Sender wie die anderen Landesrundfunkanstalten aufgebaut sehen: mit einem starken Intendanten, dem Programm- wie Verwaltungsdirektoren verantwortlich wären. Die Gelegenheit scheint günstig, weil die Verträge von zwei Direktoriumsmitgliedern, Dany und Hoffmann, binnen eines Jahres auslaufen. Und wenn Klostermeier geschaßt würde, stünde einer Neuordnung nur noch einer im Weg – Vinke.

Gegen das Intendantenmodell votieren die Grünen, die nicht sehen, „daß die bisherige Verfassung für die Misere verantwortlich ist“, und der stellvertretende Rundfunkratsvorsitzende Horst Isola (SPD), der aber innerhalb seiner Partei isoliert scheint: „Ich bin offenbar der Letzte, der noch für das Direktoriumsmodell kämpft.“

Am Freitag will sich der Medienausschuß mit den Direktoren treffen. Ein Antrag auf Änderung der Direktorialverfassung, die nur in der Bürgerschaft beschlossen werden kann, steht aber entgegen Ankündigungen der CDU nicht auf der Tagesordnung. Tacke geht jedoch davon aus, daß bis zu den Sommerferien „die politische Grundlage für egal welche Verfassung geklärt“ist. bw/jeti

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