: Für ein „Afrika, das funktioniert“
Die USA melden sich diplomatisch in Afrika zurück: Am Wochenende startet Präsident Bill Clinton zu einer „Jahrhundertreise“, die das US-Interesse an den Hoffnungsträgern des Kontinents unterstreicht ■ Von Dominic Johnson
Vor allem mit schönen Worten im Gepäck bricht Bill Clinton an diesem Wochenende zur ersten großen Afrikareise eines US-Präsidenten seit 20 Jahren auf. Ghana, Uganda, Ruanda, Südafrika, Botswana und Senegal sind die Stationen der als „Jahrhundertreise“ apostrophierten elftägigen Tour, die die diplomatische Rückkehr der USA nach Afrika markieren soll. Es wird Zeit: Die traditionelle Afrikapolitik der USA, die sich als Teil des Ost-West-Konfliktes begriff, verlor mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 90er Jahre ihre Daseinsberechtigung; der Versuch, mit der Militärintervention in Somalia ein humanitäres Engagement einzuleiten, ging spektakulär schief. Nun soll eine neue Ära eingeläutet werden, die auf Zusammenarbeit mit der neuen Generation afrikanischer Führer setzt.
Clinton werde den Amerikanern „ein anderes Afrika, nämlich ein Afrika, das funktioniert“, zeigen, kommentierte ein Spezialist der Weltbank die Reise, auf der etwa 1.000 Delegierte, Journalisten und Geschäftsleute den US- Präsidenten begleiten. Seine beiden wichtigsten Stationen sind denn auch die beiden Länder, die nach US-Ansicht in Afrika am besten funktionieren: Uganda und Südafrika. Uganda wird überdies zum diplomatischen Höhepunkt, denn dort lädt Clinton zum Afrikagipfel für diejenigen Staatschefs, die er nicht persönlich aufsucht.
Das Interesse an Uganda reflektiert auch die Besorgnis der USA um die Krisenregion der „Großen Seen“ um Uganda, Ruanda, Burundi und Kongo. Die Region sei „von kritischer Bedeutung für die Zukunft ganz Afrikas und für US- Interessen“, sagte der US-Sonderbeauftragte Howard Wolpe in Washington am 5. März. „Wenn die akuten Gefahren dieser Zone nicht unter effektive Kontrolle gebracht werden, könnte Zentralafrika eine Region des Scheiterns und des Blutvergießens werden, die Afrikas Integration in die Weltwirtschaft gefährdet und die Realisierung des aufregenden menschlichen und ökonomischen Potentials des Kontinents verhindert.“
Wolpes Aufruf zu einem „nüchternen, systematischen Engagement mit den Regierungen und Völkern dieser Region“ wird von Clinton in zwei Richtungen aufgegriffen. Das Engagement mit Regierungen wird der US-Präsident bei seinem Zwischenstopp in Ruanda am Mittwoch präzisieren: Er wird eine Initiative für Konfliktlösung und Menschenrechte verkünden, bei der es vor allem darum geht, die Ausbildung von Polizisten und Juristen in Ruanda, Burundi und der Demokratischen Republik Kongo zu finanzieren.
Das zivilgesellschaftliche Engagement kommt einen Tag vorher: Am Dienstag soll Clinton in Uganda ein Programm namens „Education for Democracy and Good Governance“ vorlegen, das vor allem ins Schulwesen fließen soll. Überlegt wird zudem, daß Clinton in Ruanda angemessene Worte für die Versäumnisse der USA während des Völkermordes von 1994 findet und in Uganda Mahnungen an die weniger demokratischen Führer dieser Region richtet, zum Beispiel an Kongos Präsidenten Laurent Kabila.
Die südafrikanische Etappe dient vor allem der Präsentation eines neuen Handelsgesetzes, das als „Gesetz für Wachstum und Chancen in Afrika“ am 11. März vom Repräsentantenhaus verabschiedet wurde. Es fördert US-Investitionen in Afrika und schlägt die Einrichtung regelmäßiger Wirtschaftsgipfel vor. Von US-Regierungsseite wird in letzter Zeit immer wieder betont, der Handel mit Afrika sei wichtiger als der mit der ehemaligen Sowjetunion.
Nicht zu vergessen ist auch, daß die USA derzeit ausgewählte Truppeneinheiten von Ländern wie Malawi, Mali, Senegal und Uganda für eventuelle Friedensmissionen ausbilden, und zwar in bester Zusammenarbeit mit Frankreich. Nicht Rivalität mit der europäischen Konkurrenz ist angesagt, sondern Kooperation.
Dies verbirgt zugleich eine Schwäche der US-Afrikapolitik. Bisher zeichnen sich enge Verbündete der USA in Afrika dadurch aus, daß sie nur geringe außenpolitische Rücksichten auf Washington nehmen, dafür um so lieber militärische Fakten schaffen, zum Beispiel durch Interventionen in Nachbarländern. Zugleich sind aber die Erwartungen an Washington auf dem Kontinent sehr hoch. Die USA gelten als weniger korrupt und politisch direkter als Frankreich. Das Risiko von Enttäuschungen ist daher enorm.
Ob Clintons Reise mehr bringt als die rhetorische Begleitung existierender Trends, wird vor allem an seiner Fähigkeit gemessen werden, sich im persönlichen Umgang mit seinen afrikanischen Kollegen zu behaupten. Scheitert er damit, kann es durchaus zwanzig Jahre dauern, bevor wieder ein US-Präsident sich mit so einem Programm nach Afrika wagt.
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