: „Aus den Erfahrungen in Gorleben gelernt“
■ Franz-Josef Kniola (SPD), Innenminister Nordrhein-Westfalens, freut sich über den vorgezogenen Castor-Einsatz. Der grüne Polizeipräsident Wimber (Münster) wurde erst kurz vorher informiert
taz: Herr Kniola, wer hat wann entschieden, daß der Castor-Transport vorgezogen wird?
Franz-Josef Kniola: An solchen Entscheidungen sind viele beteiligt. Dazu möchte ich jetzt noch nichts sagen.
Warum nicht?
Man gibt Erklärungen immer erst nach dem Einsatz ab.
Wer war denn über den vorgezogenen Einsatz informiert?
Wir haben die Polizeikräfte erst am Donnerstag um 19.30 Uhr informiert. Bis dahin wußte nur ein sehr kleiner Kreis Bescheid. Dazu gehörte der Herr Wimber nicht.
Auf der anderen Seite haben Sie aber – als atomkritische Landesregierung – Kooperationsgespräche mit den Atomkraftgegnern geführt, also auf Offenheit gesetzt. Finden Sie dieses Doppelspiel nicht problematisch?
Ich hab' damit keine Probleme. Wir wollen ja, daß demonstriert wird. Unser Problem ist, daß wir verhindern müssen, daß blockiert wird. Der Zug, das ist nun mal unser gesetzlicher Auftrag, muß das Ziel erreichen. Deswegen sage ich: Demonstrationen, da bin ich sehr dafür; da wird die Polizei auch den entsprechenden Schutz gewährleisten. Aber Blockaden können und dürfen nicht sein.
Durch das jetzige Einsatzkonzept verhindern Sie aber nicht nur Blockaden, sondern auch Protest.
Das kann ich nicht feststellen. Wir haben die Allgemeinverfügung des Münsteraner Polizeipräsidenten, in der die Frage der Schienenblockaden deutlich angesprochen ist. Dagegen ist geklagt worden. Die Gerichte haben aber diese Verfügung nicht nur bestätigt, sondern sogar ausdrücklich für geboten gehalten: Wer sich im Rechtsstaat bewegt, muß sich also sagen, die rechtlichen Mittel sind ausgeschöpft, und anerkennen, daß es Rechtsnormen gibt, die zu respektieren sind.
Es gibt aber auch das Brokdorf- Urteil, das besagt, man muß auch dort demonstrieren können, wogegen man sich richtet. In Ahaus wird aber so weitläufig abgesperrt wie selbst in Gorleben nicht.
Wir haben ja aus den Erfahrungen in Gorleben gelernt, aus den Auseinandersetzungen, die es dort gab. Demonstrationen mit Blickkontakt zum Zwischenlager und zur Strecke haben wir ermöglicht.
Dann läuft also in Ihren Augen alles wunderbar?
So ist es. Wir wollen den friedlichen Protest. Und wir wollen, daß der Zug ankommt. Interview: Bettina Markmeyer
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