: Kein Recht auf Schienen-Demos
■ Bundesverfassungsgericht entscheidet gegen Castor-Gegnerinnen. Auch die BI in Ahaus hatte vor den Gerichten keinen Erfolg
Es gibt kein Grundrecht auf Schienendemonstrationen. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem „zufällig“ gestern bekanntgemachten Beschluß nach der Klage von drei AKW-Gegnerinnen aus dem Wendtland. Auch vor den Verwaltungsgerichten in Münster wurden im Verlauf der Woche alle Klagen der Castor- GegnerInnen abgelehnt.
Die drei Frauen aus Lüchow- Dannenberg hatten sich bei einem Castor-Transport im Frühjahr 1995 an die Schienen gekettet und waren zu Bußgeldern in Höhe von 400 bis 500 Mark verurteilt worden. Hiergegen hatten sie Verfassungsbeschwerde eingelegt. „Wenn man auf Autostraßen demonstrieren darf, müssen auch Kundgebungen auf Schienen möglich sein“, argumentierte ihr Anwalt Dieter Magsam, „denn es darf keine demonstrationsfreien Räume geben.“
Doch das Verfassungsgericht ließ sich nicht überzeugen und erklärte die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, die das Betreten der Schienen verbietet, für verfassungskonform. Selbst wenn DemonstrantInnen zu Blockadezwecken nur kurz auf den Schienen verweilten, müsse „angesichts der beträchtlichen Gefahr“ das Versammlungsrecht zurückstehen. Auf der Strecke Uelzen– Dannenberg verkehren allerdings nur noch Castor-Transporte.
Das Verwaltungsgericht (VG) in Münster hatte im Verlauf der Woche noch rigider geurteilt. Weil die Schienen zum Zwischenlager fremdes Eigentum seien, könnten hierauf keine Demonstrationen stattfinden. Die Gleise gehörten teilweise der privatisierten Deutschen Bahn AG, teilweise der Betreibergesellschaft des Zwischenlagers.
Gegen die Demonstrationsverbote des grünen Polizeipräsidenten Hubert Wimber hatte die BI „Kein Atommüll in Ahaus“ geklagt und in zwei Instanzen verloren. Damit ist der Rechtsweg erschöpft. Das VG in Münster fand die Anordnung eines bis zu 900 Meter breiten „Transportkorridors“ zum Zwischenlager sogar eher noch zu lasch. Um den Transport wirksam zu schützen, hätten nach Meinung der Richter neben den unangemeldeten auch alle angemeldeten Demonstrationen von vornherein verboten werden sollen. Den „gemäßigten Gruppen“ wird im VG-Beschluß vorgeworfen, daß sie sich nicht ausdrücklich von Sachbeschädigungen durch militante AKW-GegnerInnen distanziert hätten.
Am Donnerstag wurden von der Polizei sogar zwei Camps geräumt, die nicht nur angemeldet waren, sondern auch außerhalb des Transport-Korridors lagen. Wieder klagte die BI, und wieder hielten die Gerichte still. Christian Rath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen