: Der Sieg der Limousinenhersteller
Die europäische Automobilindustrie legt eine freiwillige Selbstverpflichtung zur CO2-Reduktion vor und verhindert damit wirksamen Klimaschutz. Die EU-Umweltminister signalisieren dennoch ihre Zustimmung ■ Von Annette Jensen
Berlin (taz) – Europas Autohersteller wollen sich selbst verpflichten, bis zum Jahr 2008 ein klein bißchen sauberere Autos herzustellen als heute. Gestern legten sie den EU-Umweltministern ihren Plan dafür vor. Wie es aus EU-Kreisen hieß, ernteten sie bei den EU-Ministern weitgehende Zustimmung. Im Juni will man sich endgültig einig werden.
Der Europäische Automobilherstellerverband ACEA hatte mit dem Vorschlag die Flucht nach vorn angetreten. Schließlich hatte die EU-Kommission eine Richtlinie auf den Tisch gelegt, die Burkhard Reinartz vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) als „super“ einstufte. Die EU wollte darin die Autohersteller verpflichten, ab dem Jahr 2005 nur noch Wagen herzustellen, die durchschnittlich nicht mehr als 120 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft blasen – was einem Durchschnittsverbrauch von fünf Liter Benzin auf 100 Kilometer entspricht. Dieselfahrzeuge sollten noch 4,5 Liter schlucken dürfen. Auf diese Weise wollte die EU-Kommission dem in Kioto bei der internationalen Klimakonferenz gegebenen Versprechen näherkommen, bis zum Jahr 2010 die Treibhausgase um acht Prozent zu reduzieren.
Entscheidend an den Vorstellungen der EU-Kommission: Jeder Hersteller sollte nach dem durchschnittlichen Verbrauch seiner Autoflotte beurteilt werden. Für die Produzenten großer Schlitten wäre der Vorschlag teuer geworden. Ihnen sollten Strafsteuern von 1.500 Euro (etwa 3.000 Mark) pro Liter Mehrverbrauch drohen.
Die Hersteller von Limousinen bekamen Panik und schlugen ihren europäischen Konkurrenten vor, die EU mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung zu befrieden. Schließlich hatte es 1996 eine Vereinbarung zwischen EU-Umweltministern und ACEA gegeben, die diese Möglichkeit vorsah. Weiteres Aussitzen schien jetzt unmöglich, und außerdem konnte die deutsche Industrie auf gute Erfahrungen beim Thema Autorecycling verweisen.
Günstig für Porsche, Mercedes und BMW war außerdem, daß mit BMW-Chef Bernd Pieschetsrieder ein Mann an der Spitze des ACEA steht, dessen Konzern ein brennendes Interesse an möglichst laschen Höchstwerten hat. Herausgekommen ist jetzt ein Papier, das eine 25prozentige Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Neuautos im Vergleich zu 1995 vorsieht. 6 Liter Benzin oder 5,3 Liter Diesel soll ein Auto durchschnittlich verbrauchen dürfen. Der Clou: Diese Verpflichtung soll sich nicht auf jeden einzelnen Hersteller beziehen, sondern auf sämtliche Autos Europas. Die Hersteller von Autos mit vielen PS profitieren damit von den Kleinwagenherstellern.
Der Hinweis auf die „tödliche“ Wirkung der EU-Kommissionspläne für viele Produktionsstandorte mit drohender Massenarbeitslosigkeit machte die europäischen Umweltminister gestern offenbar weich. Der EU-Kommissionsentwurf sei auch eher als Drohgebärde zu verstehen gewesen, um die Autoindustrie dazu zu bewegen, endlich einen Vorschlag vorzulegen, hieß es aus deutschen Verhandlungskreisen.
VCD-Sprecher Reinartz war gestern ausgesprochen enttäuscht: „Da werden gerade falsche Weichen für die Autoindustrie der nächsten 15 Jahre gestellt.“ Es solle eben alles so weitergehen wie bisher.
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