■ Nachschlag
: Paolo Conte gab den verlebten Lebemann im Friedrichstadtpalast

Manfred Krug hat früher auch gesungen, gar nicht so schlecht sogar. Später wurde er Fernsehanwalt. Bei Paolo Conte war es genau umgekehrt: Erst war er Anwalt, im richtigen Leben sogar. Dann begann er zu komponieren, für Sänger wie Lucio Dalla oder Adriano Celentano – letzterem schenkte er dessen wohl bekannteste Hymne, „Azurro“. Irgendwann bemerkte er, daß ihm selbst die besseren Interpretationen seiner Stücke gelangen.

Weil Manfred Krug nicht mehr singt und weil die romantische Italiensehnsucht der Deutschen nie nachgelassen hat, ist man hier schon in den Achtzigern auf den singenden Anwalt aus Asti aufmerksam geworden. Alle Jahre wieder kommt der Mann mit der rauchigen Stimme daher über die Alpen gereist und wiederholt seine Paraderolle: die Rolle des einsamen Pianisten in einem heruntergekommenen Nachtclub. Gerade am richtigen Ort also im kitschig illuminierten Friedrichstadtpalast, dessen bonbonbunte Revuedekoration gnädig ins Dunkel getaucht wird, um Contes unterkühltem Chanson-Charme Platz zu machen.

Solo tritt der auf die Bühne, singt und klimpert „Angelino“ und trötet in ironischer Manier die markante Melodie. Dann geht allmählich das insgesamt elfköpfige Orchester in Stellung. Kontrabaß, Perkussion, Bandoneon und Bläser packen Contes schmuddelige Balladen von exotischen Orten und fremden Frauen in jazzige und südamerikanische Arrangements. Routiniert wird das Programm zwischen Barjazz, Tango und Swing runtergerissen: gepflegter Konservatismus. Den Applaus läßt der Smokingmann mit nonchalanter Handbewegung auf sich niederregnen.

Zur zweiten Halbzeit läßt sich Conte an manchen Stellen von einer Sängerin begleiten, deren Showbühnen-Stimme in ihrer aseptischen Glätte allerdings nicht so recht zu Contes Aura des gebrochenen Glamours passen will. Besser, wenn dieser den abgelebten Lebemann mimt mit seinem von Englisch-Brocken durchsetzten, südländischen Slang, am Piano hängend wie andere Menschen seines Alters am Tresen. Im vorzeitig hell erleuchteten Bühnenrund gibt es als Zugabe eine Uptempo-Version des Klassikers „Via Con Me“. Daß danach endlich Schluß sein muß, gibt Conte dann vom Bühnenrand aus zu verstehen mit einer universell komprehensiblen Handbewegung – mit der Handkante am Hals entlang. Daniel Bax