: Mord trifft Nudeln
■ Killerinnen made in Hong Kong: „Beyond Hypothermia“läuft im Kino 46
Im Gegensatz zum chauvinistisch geprägten Hollywood, wo Frauen nur in Stereotypen als Opfer, Schlampe, Hauptgewinn oder Hure mit goldenem Herz auftauchen, hat der Hong Kong-Film zahllose weibliche Hauptfiguren aus den chinesischen Traditionen geschält. Hong Kong verfilmt seit den 20ern die Mythen- und Fabelwelt von wandernden Kung Fu-Mönchen und armen Bauernsöhnen. Populärer sind inzwischen die fernöstlichen Adaptionen der amerikanischen Gründungsmythen von Cowboys und Gangstern in der bösen Stadt. Die Ausbildung von Hong Kong-Stars wie Jackie Chan erfolgt traditionell an der Peking Oper, wo eine Mischung aus Schauspiel, Selbstkasteiung und Kung Fu gelehrt wird. Der Action-Film, geprägt durch Explosionen und verrückte Stunts, wurde dabei in akrobatische Dimensionen getrieben, die im Westen mit Ehrfurcht betrachtet werden.
Dabei mischten bereits in den frühen Mantel- und Degen-Filmen der Samurais jede Menge Frauen in romantischen Duellen mit und verliehen der physischen Action jene Nuancen, die im Westen gänzlich unbekannt sind. Die westliche Kultur kennt überhaupt keine positiven weiblichen Genretypen.
It's a man's world! Patrick Leung widmet sich in seinem Debut „Beyond Hypothermia“dem Bild der namenlosen Killerin ohne echte Identität. Eine Liebesgeschichte zwischen der jungen Frau und dem Nudelsuppenverkäufer voller Moral und Herz. Natürlich passen Mord und Nudeln nicht zusammen.
Patrick Leung wäre nicht Schüler von John Woo gewesen, würde es für die ballistischen Beziehungen in den Neon Cities Hoffnung geben. Aber der Maestro der Zeitlupenballereien liebt seinen Sam Peckinpah – der hungrige junge Mann hat das U.S.-Independent-Kino geschluckt und mit chinesischen Killermythen nachgespült. Leung führt die Ästhetik popmoderner Gewaltfetischisten zu grotesken Höhepunkten und entlarvt deren verschlagene Verlogenheit. Eine traurig schöne „Bonnie & Clyde“-Ballade mit klassischem Piano-Soundtrack. Denn jenseits des Gefrierpunktes gibt es nichts zu lachen. StErn
27. und 28. März um 22.30 Uhr im Kino 46
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