Partei der Umfaller in Auflösung

Frankreichs konservative UDF bricht auseinander. Ein mit den Stimmen der rechtsextremen Front National gewählter Regionalpolitiker ist zurückgetreten  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Da waren's bloß noch vier: Nach den Kritiken der Vortage hat einer aus der Fünferbande, der UDF- Politiker Jean-Pierre Soisson, der im Burgund mit den Stimmen der rechtsextremen Front National zum Regionalratspräsidenten gewählt worden war, das Handtuch geworfen und seinen Rücktritt sowie Präsidentenneuwahlen im Burgund bekanntgegeben. Seine verbliebenen vier Kumpane, die inzwischen von allen möglichen Seiten als collabos beschimpft wurden, hielten gestern noch an ihren Posten fest, die ihnen neben einem staatlichen Sold das Anrecht auf eine Schärpe in den Farben der Trikolore sowie auf einen Dienstwagen geben. Einer von ihnen, der Ex-Verteidigungsminister Charles Millon, der seit seiner Wahl ständig von „Verräter“-Rufen begleitet wird, hadert allerdings sichtlich mit seiner Entscheidung.

In Auflösung begriffen war gestern die Partei der Umfaller, die konservative UDF. Am Vortag hatte der UDF-Spitzenpolitiker François Bayrou bekanntgegeben, daß er eine neue „Partei der Mitte“ gründen werde. Sein Alleingang sorgte an der ohnehin völlig chaotischen Spitze der UDF für weitere Verwirrung. Ohne Bayrou, dem bisherigen Chef der christdemokratischen und proeuropäischen „Force Démocrate“ innerhalb der UDF, bleiben noch der in Frankreich „ultraliberal“ genannte Flügel von Alain Madelin und der rechtsliberale von UDF-Chef François Leotard.

Keiner von ihnen schien gestern noch an eine Zukunft der Partei zu glauben, die in den 70er Jahren unter der Ägide von Valéry Giscard d'Estaing aus mehreren damals schon kränkelnden politischen Gruppierungen entstanden ist. Was allerdings an ihre Stelle treten könnte, war den Beteiligten ebenfalls unklar.

Bei den Neogaullisten versucht unterdessen Parteichef Philippe Séguin die Reihen fester zu schließen. Unter anderem will er aus diesem Grund künftig auf die 20jährige Praxis der Zusammenarbeit und der punktuellen Wahlbündnisse mit Politikern aus der UDF verzichten. Statt einer großen Neugründung im rechten Lager strebt er bei den Europawahlen im kommenden Jahr einen neogaullistischen Alleingang an, ließ er bei einem Treffen mit der Parteijugend vor Hunderten von kleinen französischen Fähnchen durchblicken.

Auf der anderen politischen Seite liefen gestern die Vorbereitungen für die für morgen landesweit geplanten Demonstrationen gegen die Front National. Nachdem schon am Montag vielerorts Schüler- und Studentendemonstrationen stattgefunden haben, wollen am Samstag sämtliche linken Parteien zusammen auf die Straße gehen.