: „Das gibt dann Nahkampf“
■ Das Senatsmodell zur Haushaltsaufstellung für 1999 ist geplatzt
Am Abend vorher noch im Preußischen Landtag herrschte die große Eintracht in der Großen Koalition. Doch zwölf Stunden später hatten SPD und CDU wieder zum Alltag zurückgefunden: Gestern kippte der Senat in einer informellen Senatsrunde das von Annette Fugmann-Heesing (SPD) vorgeschlagene und bereits im Senat vereinbarte Modell für die Haushaltsaufstellung 1999. Am Dienstag soll dieses Ergebnis formell beschlossen werden.
„Das ist ein Rückschritt gegenüber den Anstrengungen für eine moderne Verwaltungsreform“, bedauert ein sozialdemokratisches Senatsmitglied. Um ein weiteres Aussitzen der Haushaltsplanung für kommendes Jahr zu verhindern, hatte Fugmann-Heesing darauf gedrungen, endlich in die Haushaltsdiskussion einzusteigen. In den letzten beiden Monaten war die Diskussion von einer Senatssitzung auf die nächste verschoben worden, verhandelt wurde nie.
Nach den Ergebnissen der gestrigen Sitzung wird es für den Haushalt 1999 die angestrebten sogenannten Plafonds nicht geben. Nach diesem Modell hätten die SenatorInnen feste Summen zur Verfügung gestellt bekommen, die sie dann nach eigenen politischen Maßstäben verteilt hätten. Jetzt wird es wieder zähe Verhandlungen um jeden Ausgabeposten geben. Der Haushalt wird Punkt für Punkt, Kitagebühr um Museumszuschuß, en Detail gemeinsam verhandelt. Das bedeutet Chefgespräche der SenatorInnen mit Annette Fugmann-Heesing und dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Das heißt zermürbende Sparklausuren bis in die heiße Phase des Bundestagswahlkampfes. „Das gibt dann Nahkampf“, prophezeit ein Senatsmitglied.
Dabei hatte es, so heißt es aus dem Senat, nicht an den Plafonds gelegen; diese seien Konsens gewesen. Vor allem die CDU-Riege im Senat hatte jedoch schon seit mehreren Wochen angekündigt, noch mehr gespart werden könne nicht mehr. Statt dessen, so hatte es sich bereits angedeutet, wollte die CDU die Neuverschuldung des Landes nicht wie vereinbart weiter absenken. Denn die SenatorInnen hatten statt einer Reduzierung der Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr Mehrausgaben in Höhe von 721 Millionen Mark angemeldet. Um diese Steigerung aufzufangen, sei der einzige Weg eine höhere Verschuldung.
Die Mehrausgaben waren gestern denn auch der Knackpunkt: Die Finanzsenatorin forderte eine Begrenzung der Mehrausgaben, die CDU-SenatorInnen und auch Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) wollten ihr nicht folgen. Deshalb ist das Modell geplatzt. „Die CDU war der Meinung, sie habe am Donnerstag mit der Bezirksreform Großes geleistet“, heißt es aus dem Senat, „nun könne sie sich auch die Größe leisten, von alten Beschlüssen abzurücken.“ Barbara Junge
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