: HEW wünscht sich Börse für den Stromhandel
■ Liberalisierung des Energiemarktes kommt, stockt aber bei Bundespräsident und Industrie
Berlin (taz) – Der Hamburger Stromkonzern HEW regt die Gründung einer Börse für Stromlieferungen an. „Gründen müßten es die Börsianer, etwa in Hamburg, und die HEW würde sich dann beteiligen“, meinte gestern HEW- Sprecher Johannes Altmeppen. Ähnlich wie am Ölspotmarkt würden dann ständig die Preise für bestimmte Liefermengen und -zeiten neu festgelegt. Wetten auf künftige Kurse wären möglich. Solch eine Warenterminbörse gibt es bisher laut der Stromwirtschaft nur in Norwegen. In der Schweiz und den USA sind sie im Aufbau.
Im Prinzip könnte die deutsche Strombörse schon innerhalb der nächsten zwei Jahre eröffnet werden, schätzt Altmeppen. Vorher gibt es jedoch noch diverse Rechtsfragen zu klären: Wer in Deutschland für welche Gebühren die Überlandleitungen der großen Stromkonzerne wie RWE oder PreussenElektra nutzen darf, zum Beispiel. Hier steht die Einigung zwischen Stromabnehmern in der Industrie und Erzeugern noch aus, ist aber in den nächsten Wochen nicht mehr ausgeschlossen.
Grundlage für die teilweise Freigabe des deutschen Strommarktes ist das neue Energiewirtschaftsgesetz. Noch ist unklar, wann es in Kraft tritt – der Bundespräsident unterzeichnet es womöglich erst im Mai, weil er noch ein Rechtsgutachten der SPD prüfen will. SPD und Grüne monieren, daß die Länder nicht beteiligt wurden. Sie wollten klarere Vorschriften für die Energiekonzerne und die ökologische Erzeugung von Strom besser absichern. Auch für Privatleute sollte es einfacher werden, den Versorger zu wechseln.
Frei handelbaren Strom gäbe es im Überfluß. Die deutschen Erzeuger verfügen über erhebliche Überkapazitäten, ebenso wie die Norweger mit ihren vielen Staudämmen. Drei Unterwasserleitungen von Norwegen auf das europäische Festland sind projektiert, eine in die Niederlande, zwei nach Deutschland. Und siehe da: Eine dieser Leitungen will die HEW zusammen mit der RWE bauen. Das Unternehmen wäre also in Zukunft ein potentieller Nutznießer von norwegischer Wasserkraft, die nach Deutschland schwappt.
Die HEW hat sich auch früh um das Know-how der norwegischen Strombroker bemüht. So hat sie in einer Tochterfirma den Norweger Fred Nandrup engagiert. Der war maßgeblich am Aufbau des liberalen Marktes der Nordeuropäer beteiligt und kennt deshalb auch einige Fallstricke: „An der Strombörse kann Ihnen ein Angestellter an einem Tag mehr Geld kaputtmachen, als Sie im ganzen Jahr mit der Stromerzeugung verdienen“, warnte er letzten November die deutschen Strommanager auf einer Tagung in Frankfurt. rem
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