: Koalitionskrise in Erfurt beigelegt
■ SPD und CDU kommen in Sondersitzung überein, daß es klug ist, weiter zu regieren. Regierungschef Vogel: Nicht zuviel Nächstenliebe. Geklaute Computer weiter verschwunden
Erfurt/Gera (dpa) – Thüringens SPD und CDU haben sich am Wochenende in einem fünfstündigen Krisengespräch geeinigt, trotz des Streits um die sogenannte Computer-Affäre ihr Regierungsbündnis fortzusetzen. Innenminister Richard Dewes (SPD), der einen vor mehreren Monaten begangenen Diebstahl von Computern samt sicherheitsrelevanter Daten verschwiegen hatte, soll dem Kabinett einen Abschlußbericht über die Untersuchungen in der Affäre vorlegen. Der Innenausschuß soll seine Aufklärungsarbeit fortsetzen.
Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) forderte von den Regierungspartnern, sich wieder um das politische Tagesgeschäft zu kümmern. Auf einem Landesparteitag der Jungen Union wies er den Vorwurf zurück, er lasse zuviel Nächstenliebe gegenüber Dewes walten. Es sei Klugheit über den Tag hinaus, die Koalition fortzusetzen.
Anlaß für den Konflikt war das bisher unaufgeklärte Verschwinden von zwei Computern. Unbekannte entwendeten aus dem SPD-geführten Innenministerium rund 1.600 Datensätze. Auf ihnen waren unter anderem Gedächtnisprotokolle über Sitzungen der Parlamentarischen Kontrollkommission und Ergebnisse von Sicherheitsüberprüfungen von Landesbeamten gespeichert.
CDU-Fraktionschef Christian Köckert sagte auf Anfrage, er könne mit der Erklärung des Koalitionsausschusses leben. Seine Kritik an der Amtsführung von Dewes sei „vom Tisch“, wenn der Minister die Affäre aufgeklärt habe. Die Vorwürfe wegen des unzureichenden Krisenmanagements halte er aufrecht. Dewes erklärte, für ihn sei entscheidend, daß Vogel ihm sein Vertrauen ausgesprochen habe.
Wegen der Kritik an der Amtsführung von Dewes durch die CDU hatte die SPD mit einem Bruch der großen Koalition gedroht. Innenminister und SPD- Landeschef Dewes hatte der CDU vorgeworfen, den Daten-Diebstahl für eine gezielte Kampagne gegen ihn und die SPD zu nutzen. Die CDU wiederum hatte kritisiert, daß weder Ministerpräsident Vogel noch die anderen Kabinettsmitglieder rechtzeitig über das Verschwinden der Computer informiert worden waren.
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