: Rauhe Haus-Zeiten
■ Verläßlich & halbtags: Evangelische Wichern-Schule im Clinsch mit Behörde
„Alle staatlichen Nachbargrundschulen bieten die verläßliche Halbtagsgrundschule (VHGS) an.“Helga Frieber, Leiterin der evangelischen Wichern-Schule in Hamburg-Horn, ist empört. Um mit den staatlichen Schulen der Umgebung konkurrieren zu können, hatte auch die größte evangelische Privatschule Hamburgs 1997 die VHGS eingeführt, also die Garantie, daß Erst- bis ViertklässlerInnen von acht bis 13 Uhr betreut und unterrichtet werden. Doch die Schulbehörde weigert sich, die Kosten für zusätzliches Lehrpersonal zu tragen.
Den Vorwurf der „Ungleichbehandlung“wies der Leiter der Rechtsabteilung in der Schulbehörde, Willi Rickert, gestern zurück. Solange die VHGS nicht flächendeckend eingeführt sei, stehe es den Privatschulen frei, ob sie sie einrichteten oder nicht. Und so lange gebe es kein Geld. „Vom Ansinnen her“, so Rickert, könne er die Forderung zwar „verstehen“. Aber: „Das kostet etliche Millionen.“
„Bei zehn Grundschulklassen entstehen uns Zusatzkosten von jährlich 200.000 Mark, das entspricht zwei Lehrerstellen“, entgegnet Frieber. Die Wichern-Schule warte jetzt auf die Entscheidung in einem Muster-Prozeß vor dem Verwaltungsgericht, den der Verband der römisch-katholischen Kirchengemeinden, Träger der 25 katholischen Hamburger Privatschulen, gegen die Schulbehörde angestrengt hat.
Schön sei das alles nicht, kommentierte Pastor Dietrich Sattler, Vorsteher der Stiftung Das Rauhe Haus, zu der auch die Wichern-Schule gehört. Denn nicht nur im Schul- und Ausbildungsbereich, das geht aus dem gestern vorgestellten Stiftungs-Jahresbericht hervor, stehe es wacklig um die Finanzen. Sorgen bereitet auch das zweite Stiftungs-Standbein, die Betreuungseinrichtungen für Kinder, Jugendliche, behinderte, psychisch kranke und alte Menschen. Die staatlichen Pflegesätze würden derzeit auf ein neues Berechnungssystem umgestellt: „Wir tappen kalkulatorisch im Dunkeln.“Die Stiftung, die ansonsten „keine akuten wirtschaftlichen Sorgen“plage, wolle sich daher lieber „konsolidieren statt zu expandieren“. Dennoch werde man den erst 1997 an der Evangelischen Fachschule für Altenpflege konzipierten Studiengang „Altenpflege“für 160 TeilnehmerInnen weiterführen. hh
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