: Kohl hält an Hintze fest
■ Erst gab es Gerüchte, der CDU-Generalsekretär stehe kurz vor der Ablösung. Doch jetzt stellt sich der Parteivorsitzende Kohl schützend vor Hintze
Bonn (Reuters/taz) – Der in die innerparteiliche Kritik geratene CDU-Generalsekretär Peter Hintze hat nach eigenen Worten Rückendeckung von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) erhalten. Hintze sagte gestern in Bonn, Kohl habe diese Kritik bei einer Sitzung des CDU-Präsidiums als „außergewöhnlich dümmlich“ bezeichnet und sich ohne Wenn und Aber hinter die Wahlkampfstrategie des Generalsekretärs gestellt. „Den Wahlkampf der CDU macht der Generalsekretär. Das war so, ist so und bleibt so“, sagte Hintze, der sich selbst nicht zu den Äußerungen des früheren Kohl-Beraters Basilius Streithofen äußern wollte. Dieser hatte die CDU-Parteizentrale als „Ansammlung von politischen Memmen und Feiglingen“ bezeichnet.
Hintze betonte, Streithofen sei schon lange nicht mehr Berater Kohls. Der Kanzler habe seit Jahren nicht mehr mit dem Dominikaner-Pater gesprochen.
Streithofen hatte der Kölnischen Bonner Rundschau gesagt, SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering mache einen besseren Wahlkampf als Hintze. Die CDU-Parteizentrale in Bonn sei eine „Ansammlung von politischen Memmen und Feiglingen“. „Dort finden Sie keine Helden, auch der Pfarrer Hintze nicht“, fügte Streithofen hinzu. Eine Ablösung Hintzes empfehle er gleichwohl nicht. Wenige Monate vor der Wahl wäre das unklug. Hintze sollte „als guter Kirchen-Schweizer der CDU das tun, was Schäuble und Bohl ihm sagen“, erklärte Streithofen.
Hintze war intern in die Kritik geraten, weil es ihm nicht gelungen sei, die Wahlkampfaktivitäten des Konrad-Adenauer-Hauses mit der Arbeit des Kanzleramtes und der Bundestagsfraktion zu verzahnen. Auch sei es nicht gelungen, den SPD-Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder inhaltlich zu stellen und die Risiken einer rot-grünen Bundesregierung öffentlichkeitswirksam herauszuarbeiten.
In diesem Zusammenhang wurde Hintzes Tankstellen-Kampagne kritisiert, mit der die CDU auf die „Fünf Mark für einen Liter Benzin“-Forderung der Bündnisgrünen reagieren wollte. Nur kurz nachdem Hintze die Kampagne der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, sprach sich Bundesumweltministerin Angela Merkel für eine Erhöhung des Benzinpreises aus. Diese mangelhafte Koordination wurde in der Partei als Panne bewertet.
Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, in den siebziger Jahren Generalsekretär der CDU, klassifizierte die Tankstellenkampagne als „etwas zu platt“. Hintze hielt hingegen gestern daran fest. Seine Kampagne sei „absolut notwendig, richtig und auch zielführend“.
Der CDU-Generalsekretär, der als Erfinder der Rote-Socken- Kampagne gilt und sie in modifizierter Form auch in diesem Wahljahr starten wollte, wurde bereits die Regie des Wahlkampfes in Sachsen-Anhalt entzogen. Wie die Berliner Morgenpost gestern vermeldete, soll nun Kanzleramtsminister Friedrich Bohl eine koordinierende Rolle im Bundestagswahlkampf der CDU übernehmen. Dadurch sollen die Koordinierungsmängel der letzten Wochen behoben werden. Bohl arbeitet unauffällig und genießt das Vertrauen Kohls. Er hat für den Bundeskanzler in den vergangenen Jahren eine Reihe heikler politischer Aufgaben erledigt.
Auch der frühere Generalsekretär Heiner Geißler stellte sich hinter seinen Nachfolger. Hintze solle als Sündenbock für die Fehler anderer herhalten, sagte Geißler. Für das Stimmmungsdefizit der CDU sei auch nicht Hintze verantwortlich. Das Ansehen der Partei hänge ebenso vom Ansehen der Regierung und ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit ab.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen