: Nackte Schlümpfe auf Acid
■ Der Komiker Mark Britton scherzte im ausverkauften KITO
„Hooligans und Rindfeisch“sind die britischen Exportschlager, so der Komiker Mark Britton gleich zu Beginn seines Auftritts im KITO, und dabei hat er den englischen Humor, und somit auch sich selbst, ganz vergessen! Über „Mr. Bean“und „Monty Python“lachen die Deutschen immer noch am liebsten, und wenn er seine Auftritte etwa in der Mitte zwischen diesen beiden Fixpunkten ansiedelt, kann sich ein britischer Witzemacher mit guten Deutschkenntnissen hier eine erfolgreiche Karriere erspielen. Genau das ist ihm gelungen: Zuerst in dem Duo „Nickelodeon“und nun mit einem Soloprogramm hat er mit einer Mischung aus Wortwitz, Slapstick und absurden Pointen großen Erfolg.
Der große Durchbruch muß für Britton die Erkenntnis gewesen sein, daß die Deutschen es lieben, ihre Sprache gebrochen und mit schwerem Akzent zu hören. Wie perfekt er radebrechen kann, merkt man an den Wortspielen und schlagfertigen Antworten auf Zuschaueräußerungen, aber wie schon Chris Howland oder Bill Ramsey kultiviert er offensichtlich seinen Tonfall. Fast kommt der Verdacht auf, er übe jeden Tag fleißig, um nur ja nicht mal die Umlaute richtig auszusprechen. In seiner Mischung aus Deutsch und Englisch erzählt Britton von alltäglichen Dingen wie einer Fahrt mit dem Intercity oder Deutschen und Engländern auf Mallorca (genau, die Handtücher auf den Liegestühlen am Hotelpool!) und dann in einem größeren erzählerischen Bogen von seiner Kindheit und Jugend in Putney-Park, wobei ihm der Kindergarten wie das Paradies und die Schule (of course) wie die Hölle vorkamen. Die Kindergärtnerin war seine erste Liebe, der Klassenlehrer ein Sadist – eine stinknormale Kindheit also, aber Britton gab seinen Episoden solch einen surrealen Dreh, daß plötzlich „nackte Schlümpfe auf Acid“durch seine Geschichte tanzten. Sein „body-humour“mit wunderschönen Fratzen, Verrenkungen und beachtlichem pantomimischem Talent kommt dann am besten bei der Beschreibung einer Discoszene aus den 70ern zur Geltung: Plateau-Schuhe, Hippies, komische Tänze und eine englische Pubertät; diese Nummer verdient es, ein humoristischer Klassiker zu werden.
Daß man wirklich nur Britton pur auf der leeren Bühne erlebte, war so gar nicht geplant. Zu seiner Show gehören eigentlich noch eine ganze Reihe von akustischen Effekten, Hits aus den 70ern, Themen-Songs usw. Aber seine Tonbänder waren alle kaputt, und so mußte Britton die Lieder von Rod Stuart, „Middle of the Road“und „Boney M.“selbst singen, und das war letzlich wohl noch komischer. Wenn er einmal den Faden verlor, kaschierte er dies so geschickt, daß man unmöglich sagen kann, welche Patzer echt und welche inszeniert waren. Seinen Sinn für dramaturgische Spannungen bewies Britton mit seinem Finale, als er sich selbst als greisen Komiker im Altersheim spielte, der die ersten Witze des Abends nochmal zittrig und verwirrt vortrug. Da war er plötzlich auf eine sehr schwarze und erschreckende Weise komisch, gerade weil ihm kein Witz mehr gelang. Very british, indeed! W. Hippen
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