: Kahlschlag trotz schwarzer Zahlen
■ Infosystem-Betriebe in Elmshorn und Schenefeld vor dem Aus
Im sogenannten Speckgürtel Hamburgs bahnt sich erneut ein Arbeitskonflikt an. Nach den Plänen des InfoSystem-Managements sollen zwei Betriebsstätten des Unternehmens, die ehemalige Krueger Apparatebau in Schenefeld und die ehemalige Wenzel Elektronik in Elmshorn, stillgelegt werden. Durch den Kahlschlag sind 100 Arbeitsplätze akut, weitere 60 mittelfristig gefährdet. Bereits heute soll es nach Informationen aus Belegschaftskreisen zu ersten Arbeitsniederlegungen kommen.
Bereits Anfang vorigen Jahres waren Pläne bekannt geworden, die Produktionen der beiden Niederlassungen im Hamburger Umland nach Wuppertal zu verlagern. Doch durch eine Betriebsbesetzung am 8. Februar 1997 in Schenefeld (taz berichtete) konnte damals die Schließung verhindert werden.
„Die Nachricht von den neuerlichen Kahlschlagplänen traf die Beschäftigten wie ein Hammer“, erklärte Elmshorns IG Metall-Sekretär Uwe Zabel gestern. Die Gewerkschaft habe die MitarbeiterInnen „erneut zum Widerstand gegen Profitmaximierung und Arbeitsplatzvernichtung“aufgerufen.
Der Schenefelder InfoSystem-Gesamtbetriebsratschef Rolf Wohlers sieht keine triftigen wirtschaftlichen Gründe, die die Stillegung rechtfertigen könnten. Im Gegenteil: Beide Betriebe schreiben schwarze Zahlen und operieren mit ihren Produkten erfolgreich auf dem Weltmarkt. Die Elmshorner Betriebsrätin Ute Dieckmann: „Die Beschäftigten werden ihre Arbeitsplätze mit Zähnen und Klauen verteidigen.“
Die IG Metall hat dem Konzern dennoch „für alle Fälle“einen Ergänzungstarifvertrag „Qualifizierungsgesellschaft Nord“(QGN) vorgelegt, für den notfalls auch gestreikt werden kann. Vorbild dieser Vereinbarung ist der Kontrakt über eine Qualifizierungsgesellschaft (QGB) im benachbarten Barmstedt. In einer Vereinbarung zwischen der IG Metall und dem Konzern Cernaud Metallbox (CMB) hat sich dieses Unternehmen verpflichtet, seit der Stillegung des Betriebes im Januar dieses Jahres die QGB vollständig zu finanzieren. Die 118 ehemaligen Beschäftigten bekommen – auf zwei Jahre befristet – die Differenz zwischen Kurzarbeitergeld und 100 Prozent ihres letzten Nettolohnes bezahlt. Zudem zahlt der Konzern Weiterbildungsmaßnahmen.
Ein gleiches Modell soll nun auch für die InfoSystem-Betriebe durchgesetzt werden. „Hinter den Anteilseignern steht die Commerzbank“, so Zabel. Geld für eine QGN sei also vorhanden, um den Beschäftigten eine neue Perspektive zu geben. Zabel: „Wer Arbeitslosigkeit verursacht, soll sie auch bezahlen.“ Kai von Appen
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