: Clownmama mit Kunstgriffen im Koffer
■ Das Theater N.N. bringt La Strada nach einem Drehbuch von Fellini auf die Bühne
Auf der Straße der Einsamkeit wandeln die Clowns. Von einer Clown-Mama geboren, hausen sie in Koffern und gleiten hinein in Fellinis Geschichte: Mal kommentieren sie die Handlung, mal schlüpfen sie selbst in die verschiedenen Rollen, immer sind sie auf der Bühne präsent.
Im Altonaer Lichtwerk bringt das Theater N.N. La Strada auf die Bühne. Für das Stück nach dem Filmszenario Federico Fellinis hat Regisseur Dieter Seidel eine zweite Handlung „gesucht und erfunden. Wenn wir in den Zirkus gehen, freuen wir uns ja über die Clowns, weil die genau das machen, was wir selbst gern tun würden, uns aber wegen unserer Hemmungen nicht trauen.“So soll der Kunstgriff Distanz nicht schaffen, sondern zerstören. Selbst erlebte Gefühle assoziierend, soll sich das Publikum dem Thema emotional nähern.
Fellinis Geschichte beschreibt die Einsamkeit in der Beziehung zwischen Zampano und Gelsomina, die keinen tieferen Kontakt zueinander finden. Das Zusammenleben der beiden, das zum Scheitern verurteilt ist, wird zum Prüfstein für die Gesellschaft, zur Voraussetzung für das kollektive Zusammenleben der Menschen überhaupt. Ein Thema, das in den Zeiten neoliberalen Individualitätsdrangs nichts von seiner Aktualität verloren hat. „Maschinen und Computer übernehmen in der Arbeitswelt die Funktion des Partners“, rechtfertigt Dieter Seidel die Bearbeitung des ewigen Themas. „Immer mehr Singles laufen herum, gerade in unserer Generation werden echte Beziehungen immer seltener“, sagt auch der Hauptdarsteller Andreas Schäfer.
Einzelne Passagen des Stückes werden durch choreographierte Bewegungen betont – eine Idee, die die freie Theatergruppe während der Proben in Potsdam gemeinsam entwickelte. Die kollektive Entwicklung des Stücks ist typisch für die Gruppe N.N., in der sich die Schauspieler ihre Kostüme selbst zusammenstellen. Die nunmehr im dritten Jahr bestehende Gruppe bleibt auch mit dem Bühnenbild ihrem altbewährten Konzept treu: Die Räume werden so bespielt, wie sie sind. In den „Lichtwerk Altona Studios“bleiben sie sehr schlicht: Eine weiß gestrichene Wand, ein weißer Deckenreflektor. Ein Bollerwagen und drei Koffer bilden die minimalistische Ausstattung für die großen Gefühle.
Sabine Claus
Premiere: Fr, 10. April / weitere Vorstellungen: Sa, 11. und So, 12. April, jeweils 20 Uhr, Lichtwerk, Völckersstr. 14-20
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen