: Sieben Monde - sieben Morde
■ Wenn der Humor zum eigentlichen Gruseleffekt wird: Peter Fratschers Werwolfthriller "Sieben Monde - Das Böse schläft nie"
Erfolg macht mutig, und ob nun Roadmovie, Action-Thriller oder Gesellschaftssatire: Mittlerweile scheint es kein Genre mehr zu geben, an das sich der sogenannte Neue deutsche Film nicht wagen würde. Gefehlt hat da bisher eine Horrorgeschichte, ein Film, der sich mit den Werwölfen auf die Lauer legt. Zumindest mit den Versatzstücken dieses Genres (von „Wolf“ über „Wolfen“ bis zurück zu „American Werwolf“) spielt „Sieben Monde“ von Peter Fratzscher. Leuchtende Vollmonde, Schäferhunde und Wölfe, Blut ohne Ende, das Spiel mit Spiegeln und Identitäten, gute Darsteller: Es fehlt an nichts, leider auch nicht an Humor. Mit dem haben es Fratzscher und sein Drehbuchautor Nils-Morten Osburg leidlich übertrieben, er ist es, der in diesem Film vor allem das Gruseln lehrt.
So mag dann zwar die Mordserie, die München in Atem hält, ganz schrecklich und geheimnisvoll sein, doch schon die beiden vom Polizeichef (Burkhard Driest) auf den Fall angesetzten Kommissare sind in ihrer Gegensätzlichkeit – der eine, esoterisch-intuitiv, glaubt an übernatürliche Kräfte (Christoph Waltz), der andere, Pragmatiker Peter Lohmeyer, glaubt nur an Indizien und Beweise – eher ein Pärchen, das in Comedy-Shows besser aufgehoben wäre. Jedenfalls konzentriert sich ihrer beider Verdacht bald auf den erfolglosen Schriftsteller Thomas Krömer (Jan Josef Liefers), der in eine Reihe mysteriöser Zwischenfälle verstrickt ist. Seine Oma (Tilly Lauenstein) wird ermordet aufgefunden, ihr Schäferhund Bruno verschwindet, Krömer selbst wird von einem unbekannten Wesen auf der Landstraße angefallen und gebissen, und bei einer Übergabe finnischer Wölfe an den bayerischen Staat, die Krömer dolmetscht, kommt es dann zu einer blendend funktionierenden Kommunikation zwischen Krömer und den Wölfen. Da merkt auch der Dümmste, daß hier was nicht stimmt, und nach einigen finsteren Traumsequenzen glaubt Krömer selbst, ein amerikanischer Werwolf in München zu sein.
Das hält einigermaßen bei Laune, wird auch ganz flott erzählt, endet dann aber in einem fürchterlichen Klamauk, der schließlich den ganzen Genrespielereien und -überschreitungen die Krone aufsetzt und den Garaus macht: Denn Krömers Lektor Eschbach (Ulrich Mühe), Autor des Buchs „Mythen und Märchen“, entpuppt sich als der Wolf im Schafspelz, der uns allen Nachhilfeunterricht in Sachen Märchen gibt. Weder „Hänsel und Gretel“ noch „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, noch „Rumpelstilzchen“ läßt er aus, und wenn wir nicht gestorben sind, sitzen wir nie wieder in so einem blöden saukomischen Film. Gerrit Bartels
„Sieben Monde“. Regie: Peter Fratzscher. Mit Jan Josef Liefers, Ulrich Mühe, Marie Bäumer, Christoph Waltz, Peter Lohmeyer. Deutschland 1996, 96 Minuten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen