piwik no script img

Firma erklärt Australiens Hafenarbeitern den Krieg

■ Hafenfirma entledigt sich nachts per Wachschutz ihrer gesamten organisierten Arbeiterschaft

Berlin (taz) – Mehrere hundert Wachmänner mit Hunden haben in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch die Kaianlagen in Sydney, Melbourne, Brisbane und anderen australischen Hafenstädten gestürmt, um die 2.100 in der Maritime Union (MUA) organisierten Hafenarbeiter von ihren Arbeitsplätzen zu vertreiben und umgehend zu entlassen. „Überall waren Wachleute und Hunde. Es war wie eine militärische Operation“, so Docker Laurie Brown aus Sydneys Darling-Hafen zu seiner nächtlichen Entlassung. Die von der Hafenfirma Patrick Stevedores angeheuerten Wachmänner drangen zum Teil in Fischerbooten auf die Kais vor, überrumpelten die Arbeiter der Nachtschicht und zwangen sie unter Androhung von Gewalt zum Verlassen der Kräne und Gabelstapler. Die MUA-Docker wurden umgehend durch unorganisierte Arbeiter ersetzt.

Die Hafenfirma Patrick Stevedores hat bei ihrem Versuch, das Monopol der radikalen Dockergewerkschaft zu brechen, die konservative Regierung von John Howard auf ihrer Seite. Im letzten Jahr hat die Regierung die Arbeitsgesetze verschärft. Solidaritätsstreiks in anderen Branchen wurden verboten. Trotzdem gingen gestern in Sydney und Melbourne spontan mehrere hundert Bauarbeiter aus Solidarität mit den MUA-Dockern auf die Straße. Ihnen schlossen sich auch Lehrer und Krankenschwestern an.

Regierung und Patrick Stevedores werfen MUA vor, ihr Monopol zu mißbrauchen und für die geringe Effizienz beim Hafenumschlag verantwortlich zu sein. Laut Patrick werden in Australiens Häfen im Schnitt nur 18 Container pro Stunde verladen im Vergleich zu 30 in anderen Industrieländern. Bis Ende Januar konnten in den Häfen nur MUA-Mitglieder arbeiten. Dann schloß Patrick erstmals einen Vertrag mit einer Firma des Nationalen Bauernverbandes, damit dessen unorganisierte Arbeiter in einem Hafen Melbournes Schiffe be- und entladen. MUA wirft Patrick vor, nicht Wettbewerb sei das Ziel, sondern die Zerschlagung der Macht der Gewerkschaft. Gestern verfügte jedoch ein Gericht einen vorläufigen Kündigungsschutz. Patrick dürfe bis zu einer Anhörung am nächsten Mittwoch keine Hafenarbeiter entlassen.

Vor der Massenentlassung hatte die Regierung beschlossen, bis zur 300 Millionen Mark an Abfindungen für die entlassenen Docker bereitzustellen. „Wenn die Regierung glaubt, daß die Arbeiter ihre miese Arbeitslosenunterstützung gegen ihre Jobs und Gewerkschaftsmitgliedschaft eintauschen, hat sie sich tragisch geirrt“, sagte MUA-Führer John Coombs. Die Gewerkschaft ruft zu einem landesweiten 48stündigen Solidaritätsstreik auf. Sven Hansen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen