piwik no script img

High sein, frei sein, im Internet dabeisein

■ Kommunikationspartisanen bauen strömungsübergreifendes Dach

Die Linke im Internet schafft sich ein neues Haus. Denn Trend, dem „Onlinemagazin für die tägliche Wut“, wurde von seinem bisherigen Provider, Berlinet e.V., aus dubiosen Gründen die Webspace abgedreht. „Profitorientierung“, vermutet Karl-Heinz Schubert, einer der Macher des Trend. Die Trend-Leute und die von ihnen ins Cyberspace gebrachten Projekte, von Anarchos über die Interim bis zu Antifas der DGB-Jugend, waren plötzlich off- line. Aktuelle Vorhaben wie die fortlaufende Dokumentierung der achtundsechziger Revolte fielen ins Wasser.

Doch wurde aus der Not eine Tugend gemacht. Waren bisher alle diese Projekte direkt von Trend abhängig, soll nun ein strömungsübergreifendes Dach namens Partisan geschaffen werden, um allen eine gleichberechtigte und selbstverantwortliche Teilnahme bei der Fahrt auf der internationalen Datenautobahn zu ermöglichen. Schubert erläutert: „Partisan steht für Projekte & Archive Radikaler Theorie – Info-System Alternativer Nachrichten“. Weitere Projekte wie der ID-Verlag oder die autonome Gruppe der Unglücklichen wollen sich an dem neuen Modell beteiligen. Eine Zusammenarbeit mit Squat!net, der Onlinepräsenz der Hausbesetzerszene, mit Nadir, einem Informationssystem aus Hamburg, und dem Revolutionären Hofbräuhaus, einem anarchosyndikalistischen Projekt in Wien, besteht seit 1997.

Ziel aller Bemühungen sind Erhalt und Ausbau des virtuellen Raums für die Linke, der Versuch, „free speech“ und „free visit“ als „Grundwerte“ des Internet zu unterstützen. Eric, Alt-68er und Mitarbeiter des Trend/Partisan, will damit auch den „regressiven Strömungen innerhalb der linken und autonomen Szene, der Verengung auf PC-Verhalten, dem Rückgriff auf Zensur“ entgegenwirken. Rosa, Veteranin des Häuserkampfes und neu bei Trend, fügt hinzu: „Speziell das stalinistische Verhalten der autonomen Frauen/Lesbengruppen, die die freie Diskussion mittels Zensur und Boykottaktionen zu behindern versuchen, kotzt mich schon lange an. Im Cyberspace sind solche Methoden glücklicherweise technisch unmöglich.“

Vorgestern wurde ein neuer Provider gefunden. Doch das Archiv zu den Osterunruhen 68 kann noch nicht sofort abgerufen werden. Vorläufig gilt die Notadresse http://ourworld.compuserve.com/ homepages/trend/ mit Link zur Interimslösung www.terraconnect.de/trend/ und demnächst auch zur neuen Site. Stolz ist der Partisan Schubert auf die Neueinspeisung der von Rudi Dutschke 1966 erarbeiteten „Revolutionären Literaturliste“: „Unser Beitrag zum 30. Jahrestag des Attentats auf Rudi“. Günter Langer

Kontaktadresse: trend@berlin.snafu.de oder TREND/PARTISAN c/o Anti-Quariat, Oranienstr. 45, 10696 Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen