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Forstarbeit als Alternative zur Behindertenwerkstatt

■ Die Zukunft eines einzigartigen Ausbildungsprojektes für behinderte Jugendliche ist ungewiß

Sein Gesicht ist gerötet, auf der Stirn steht der Schweiß. In seinen von dicken Handschuhen geschützten Händen hält er das scharfe Schälmesser und ruckelt an einem dicken Eichenstamm. Oli baut im Grunewald ein Geländer für den Waldweg. „Ich möchte gern im Wald bleiben“, sagt der kleine, untersetzte 20jährige. Seit einem Jahr arbeitet der körperlich und geistig Behinderte im Forst. Er gehört zu einer Gruppe von acht Behinderten, die Geländer errichten, Treppen sichern und die verwitterten Wegweiser streichen. Aber die Zukunft des für Berlin einzigartigen Projektes ist unsicher, denn die Förderung des Landesarbeitsamtes läuft Ende des Jahres aus.

Die Initiative zu dem Projekt ergriff die „Werkgemeinschaft Berlin-Brandenburg“. „Das Forstamt hat immer weniger Leute, und der Wald vergammelt. Da müssen wir ran“, sagt der Pädagoge Andreas Rosenkranz, der die Behinderten im Wald anleitet.

Die Idee kam Rosenkranz damals gemeinsam mit dem Förster des Gebietes. Normalerweise arbeiten viele Jugendliche in Behindertenwerkstätten den ganzen Tag an ihren Bänken, basteln oder sortieren Schrauben. Für viele von ihnen ist das eine Qual. Waldarbeit an frischer Luft ist eine willkommene Alternative.

Jeden Tag rückt die Truppe von Andreas Rosenkranz für sieben Stunden in den Wald. „Geländer zu bauen macht ihnen am meisten Spaß, da sehen sie, daß sie vorankommen“, erzählt der Zivildienstleistende Matthias Weiß. Das bittere Erlebnis, als der Gruppe das gesamte Brennholz für den Ofen in ihrem kleinen Bauwagen gestohlen wurde, ist unvergessen. „Der Olaf wollte gar nicht mehr sägen.“

Für das zweijährige Arbeitstraining zahlt das Arbeitsamt den Teilnehmern monatlich 90 Mark. In diesem Jahr endet die Ausbildung. Der Geschäftsführer der Werkgemeinschaft, Georg Röring, verhandelt derzeit mit dem Landesforstamt, das den Behinderten von 1999 an den gesetzlichen Mindestlohn von monatlich 120 Mark zahlen soll. Doch Berlin spare am Wald, und die Verhandlungen gestalteten sich schwierig, meint Röring. „Man kann die Leistung der Behinderten aber nicht nur mit einem Schulterklopfen abtun.“ Im Landesforstamt und in der zuständigen Försterei möchte man zur Zukunft des Behindertenprojektes derzeit keine Stellung nehmen. Florian Frank, dpa

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