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Auf Knopfdruck das Ozonloch vergrößern

■ In einer Ausstellung „zum Anfassen, Riechen und Fühlen“ sollen Kinder am Körnerpark spielerisch ökologische Zusammenhänge lernen. Wolken mit Duftproben sind besonders beliebt

„Hier drin ist jetzt Katharinas Luft.“ Lothar Binger beginnt seine Führung für Kinder immmer mit der Geschichte von Sauerstoff und Kohlendioxid. Katharina pustet in eine Tüte, und das Kohlendioxid aus ihrem Atem wandert mit ihr durch die Ausstellung. Die Kulturhistoriker Susanne Hellemann und Lothar Binger wollen ihre Ausstellung „Berliner Luft“ zu einer optischen und sinnlichen Erfahrung machen. Vor allem die Kinder, die mit der Nase in der Höhe der Auto-Auspufftöpfe leben, sollen verstehen, was es mit frischer Luft und Abgasen auf sich hat.

Dem Thema gemäß hängt das meiste in der Luft. So auch die Wolken mit Duftproben und Videoinstallationen, durch ein Fernrohr kann man zum Beispiel ein Flugzeug am Himmel über dem Körnerpark beobachten. Der „Luftökologische Lehrpfad“ für Kinder ist das Kernstück der Ausstellung. Auf mehreren Weltkugeln zum Anfassen wird die Geschichte der Luft erzählt. Da kann man Urzeitbäume verschwinden lassen, die dann zu Braunkohle werden, Schornsteine rauchen, und eine schiebbare Lokomotive soll daran erinnern, daß die Industrialisierung und großräumige Luftverschmutzung mit der Dampflok begann. Auf Knopfdruck dreht sich eine Spraydose mit darum gruppierten kleinen Flugzeugen und schraubt FCKW- Kügelchen in das Ozonloch darüber. Daneben brennt ein kleiner Regenwald vor sich hin. Bei dem siebenjährigen Steve ist vor allem eines hängengeblieben: „Die Bäume haben die Luft gemacht, sonst wären wir gar nicht da.“

An die hundert Besucher kommen jeden Tag in die Ausstellung, die Führungen sind immer ausgebucht. Die Kinder vom Hort aus Neukölln finden fast ausnahmslos die „Sachen zum Riechen“ am besten, und der achtjährige Murak erklärt: „Die Autos und die Zigaretten machen die Luft kaputt. Mein Vater raucht auch soviel, das werd' ich ihm jetzt mal sagen.“

Lothar Binger möchte in den Köpfen Bilder erzeugen und über „die Sinne Erkenntnisse vermitteln. Dabei sind Dinge zum Anfassen, zum Begreifen ganz wichtig“, erklärt er. Die Ausstellung soll aber keine reine Fühl- und Tastshow sein, sondern Kindern vor allem ökologische Zusammenhänge nahebringen. Auf Weltkugel vier kann man mit einer Taschenlampe Solarzellen anstrahlen und so einen Schmetterling mit den Flügeln schlagen lassen oder das Wort „Sonne“ zum Leuchten bringen. Sogar die Umwandlung von Methangas in Strom wird anschaulich erklärt: Aus dem Hinterteil einer kleinen Kuh läuft ein Schlauch zu einem Häuschen, in dem es auf Knopfdruck leuchtet. „Fast dreihundert Modellbauernhöfe in Deutschland gewinnen so heute schon ihren eigenen Strom“, erklärt Lothar Binger dazu.

Der historische Aspekt der Ausstellung richtet sich eher an die Älteren, auf Papierbahnen kann der Besucher alles über fliegende Hexen, Ballonmode und Smogalarm erfahren. Hellemann und Binger entwickeln seit 15 Jahren Projektausstellungen zu kulturhistorischen Themen. Die Luftausstellung ist ihre vierte Installation in der Galerie im Körnerpark. Beide sind daran interessiert, neben Exponaten zum Spielen und Anfassen auch Aktionen mit dem Ausstellungsthema zu verbinden. Diesmal wurden zum Thema Luft biologische Experimente, Bastelworkshops und Theaterprojekte, nicht nur für Kinder, sondern auch für Senioren organisiert. Britta Steffenhagen

Ausstellung bis zum 3. Mai, Dienstag bis Sonntag, 11–18 Uhr, in der Galerie im Körnerpark, danach im FEZ Wuhlheide

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