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„Neue Formen der Tagelöhnerei“

■ HDV-Druckerei in Fuhlsbüttel streikt für Haustarif und gegen flexible Jobberei

Die über 20 Beschäftigten des Hanseatischen Druck- und Verlagshauses (HDV) haben die Nase voll: Nach der Tarifflucht ihres Unternehmens sollen die Fachkräfte der Druckindustrie nun offenbar zu Flexi-Jobbern oder LeiharbeiterInnen degradiert werden. „Eine neue Form der Tagelöhnerei“, klagt IG Medien Sekretär Peter Ahner. Seit gestern früh streikt die Belegschaft deshalb für einen Haustarifvertrag, der den üblichen Druck-Tarifen entspricht.

Der Arbeitskampf kam für die HDV-Bosse überraschend: „Die sind heute morgen vorgefahren, haben nur gegrinst und sitzen seitdem oben zusammen“, frotzelt Betriebsratschefin Bettina Weiland vor dem Firmentor. Und IG Medien-Sekretär Peter Ahner vermutet: „Die gehen offensichtlich davon aus, daß das Ganze nur einen Tag dauert.“Doch schon heute soll die Urabstimmung zum unbefristeten Streik stattfinden.

Die Vorlage neuer individueller Arbeitsverträge nach dem Austritt der HDV aus dem Druckverband hatte das Faß zum Überlaufen gebracht. Kernpunkte der neuen Kontrakte: Künftig sollten die Drucker 40 statt 35 Stunden pro Woche ohne Überstundenzuschläge arbeiten. Der 24-Stunden-Drei-Schichtbetrieb sollte bei gekürzten Spät- und Nachtschichtzuschlägen aufgenommen werden. Bei Auftragsmangel wollte sich die Firma von der Beschäftigungs- und Entlohnungspflicht entbinden. Wochenendarbeit auf Abruf und ein Freibrief für das Verleihen von MitarbeiterInnen an andere Firmen rundeten die Verträge ab. „Das ist offener Rechtsbruch“, geißelt Ahner.

HDV-Geschäftsführer Erwin Prehn verteidigt sein Vorgehen: „Das muß so laufen!“Und wenn nicht? „Dann weiß ich auch nicht weiter. Wir haben der Belegschaft jedenfalls unseren Vorschlag unterbreitet“. Ahner bekräftigt, „jederzeit und an jedem Ort zu Verhandlungen bereit“zu sein. Doch HDV-Boß Prehn zögert noch: „Ich sehe im Moment nicht die Möglichkeit zu reden.“

Die Tarifflucht durch Austritte aus dem Druckverband – wie bei der HDV-Druckerei – kommt in der Druckindustrie in Mode. Einst gehörte der Betrieb dem Allgemeinen Deutschen Sonntagsblatt, heute werden in den Fuhlsbüttler Druckhallen Programme, Kataloge, Prospekte und Broschüren namhafter Großkunden hergestellt. Durch den Arbeitskampf versucht die IG Medien nun deutlich zu machen, daß sie notfalls durch einen „Häuserkampf für Haustarife“Tarifflucht ahnden und separat für jede Firma tarifliche Minimalgrundsätze durchsetzen kann. Kai von Appen

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