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■ VorschlagDer letzte Nachschlag zum „Alltag“: Ein Fest im Literaturhaus

Kein Abschied für immer? Mitte 1993 war dem Alltag, dem 1978 von Walter Keller in Zürich gegründeten „Sensationsblatt des Gewöhnlichen“, das 1985 mit Michael Rutschky eine Berliner Schriftleitung erhalten hatte, schon einmal finanziell die Puste ausgegangen. Dann ging das vierteljährlich erscheinende Heft in eingedampftem Format, aber mit ungebrochener Vorliebe für den fremden Blick auf Bekanntes und Ungewöhnliches im Februar 1994 im Elefanten Press Verlag erneut an den Start.

Die letzten zwölf Jahre hat Rutschky seine Autorenfamilie auf die Fährte der Abenteuer gleich um die Ecke geschickt. Nicht wenige Autoren, die inzwischen das Feuilleton bevölkern, gaben im Alltag ihr Debüt. Geld, Sex, Sport und Familienglück, kein Thema war vorm „Alltag“ sicher, und nie war vorher genau vorherzusehen, was am Ende dabei herauskam. Ansehen und Lob für Gedrucktes und Gestaltetes gab's immer reichlich, nur Geld war stets zuwenig. Aber das überging man ganz diskret.

Zum Neuanfang verwies der Verlag die bescheidenen Schreiber angesichts niedriger Honorare auf eine bessere Zukunft, zum Ausstand gab es statt Zeilengeld einen kleinen Büchergutschein. Das hat nie einen Alltag-Mitstreiter ernstlich davon abhalten können, Unentdecktes aus der eigenen Umgebung zum Gelingen des Heftganzen beizutragen.

Am Ende ist der Untergang des Alltags – auch so eine Art privates Fin de siècle – wohl seinem Erfolg geschuldet. War Rutschkys Schreibschule mit zarten Ehrerweisungen an einige Textheilige wie Siegfried Kracauer anfangs noch eine Entdeckung, so kann den Sound des Alltags heute jede Zeitung. Vielleicht stirbt der Alltag ja auch gar nicht wirklich. Heute abend kann man die Akteure des Alltags noch einmal live erleben. Es gibt viel zu erzählen und zu trinken. Im Alltag ging es jedenfalls nie freudlos zu. Harry Nutt

Heute ab 20 Uhr im Literaturhaus, Fasanenstraße 23

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