Hinterlistiges Formular für Asylsuchende

■ Ausländerbehörde setzt regelmäßig einen Fragebogen ein, der laut Rechtsanwälten "irreführend" ist. Richtige Antwort ist nicht vorgesehen. Amtsrichter mahnt Änderung an, Rechtsanwälte fordern mehr T

Die Ausländerbehörde hat für Asylsuchende eine weitere Hürde aufgebaut, die ihnen den Zugang zum Asylverfahren erschwert. Seit Ende vergangenen Jahres setzt das Amt bei AusländerInnen, die ohne Paß im Stadtgebiet aufgegriffen werden, regelmäßig einen Fragebogen ein. Dieses Formular, das der taz vorliegt, soll klären, so Sprecherin Isabelle Kalbitzer von der Innenverwaltung, ob sich die Betroffenen illegal in Berlin aufhalten, in Abschiebehaft genommen und abgeschoben werden dürfen. Nach Ansicht von Rechtsanwälten ist der Fragebogen aber „irreführend“.

Denn auf die Frage nach dem Zweck des Aufenthaltes in Deutschland gibt es nur drei Antwortvorgaben, die angekreuzt werden können: „Tourist“, „Arbeitsaufnahme“ und „Studium“. Darunter ist eine Leerzeile, in die man selbst etwas eintragen kann. Die Antwortvorgaben „Asylantrag“ und „Kriegsflüchtling“ gibt es in dem Fragebogen nicht.

Dabei sind genau das die einzigen Antworten, mit denen illegal eingereiste Erwachsene nachträglich ihren Aufenthalt legalisieren können. Kreuzt ein Betroffener aber eine der Antwortvorgaben an, kommt er in den Abschiebeknast und kann bald darauf abgeschoben werden. In einem solchen Fall kann der Betroffene zwar noch einen Asylantrag stellen, aber das wissen die meisten nicht. Im Asylverfahren kann sich zudem die falsche Antwort im Fragebogen für den Antragsteller negativ auswirken. „Bereits im vergangenen Jahr hat ein Amtsrichter die Ausländerbehörde angeregt, den Fragebogen wegen der mangelnden Antwortvorgaben zu überarbeiten“, sagt Rechtsanwalt Ralf Fischer. Doch das Formular ist bis heute unverändert im Einsatz.

Asyl sei als Antwortmöglichkeit nicht vorgegeben, rechtfertigt Innensenatssprecherin Kalbitzer, weil nicht die Ausländerbehörde, sondern ein Bundesamt für Asylverfahren zuständig sei. Im Abschiebegewahrsam erhielten die Insassen, so Kalbitzer weiter, umfassendes Informationsmaterial über die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen. „Die Betroffenen haben zudem die Gelegenheit, selbst die Asylsuche als Grund für ihre Einreise in den Fragebogen einzutragen. Soviel Souveränität erwarten wir von Asylbewerbern.“

Das sieht Rechtsanwalt Jürgen Moser ganz anders: „Ein Asylsuchender muß ganz besondere Informationen haben, um nicht über die Antwortvorgaben zu stolpern und nach Ausfüllen des Fragebogens und Haftprüfung noch ins Asylverfahren zu kommen.“ Im Abschiebeknast sei die Transparenz zu gering. Als einziges juristisches Beratungsangebot gebe es vom Republikanischen AnwältInnenverein ehrenamtlich durchgeführte Sprechstunden. „Doch kürzlich sagte mir ein Mandant aus Aserbaidschan, daß in seiner Etage davon niemand etwas wüßte.“ Moser fordert, daß Politik und RechtsanwältInnen über eine Vergrößerung der Transparenz ernsthaft nachdenken. „Der Fragebogen zeigt, daß es die Ausländerbehörde nicht ernsthaft interessiert, ob ein Mensch politisch verfolgt ist.“ Marina Mai