piwik no script img

Der Ball ist rot

■ Darf Nigerias Fußballteam nach Deutschland? DFB und Bonn verteidigen das morgige Länderspiel, Menschenrechtler protestieren

Köln (taz) – Das morgige Freundschaftsspiel zwischen den Fußballnationalmannschaften von Deutschland und Nigeria zur WM- Vorbereitung wird zum Anlaß von Protesten. 30.000 Fußballfans sollen im Müngersdorfer Stadion in Köln dem nigerianischen Diktator Sani Abacha die „rote Karte“ zeigen; Bündnis 90/Die Grünen und amnesty international verteilen vor dem Stadion die Karten unter dem Motto „Fußball ja, Folter nein“.

Auf einer Pressekonferenz zum Thema in Köln übten Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen gestern zusammen mit nigerianischen Oppositionellen scharfe Kritik am Deutschen Fußballbund. Ein Beschluß des EU-Ministerrates vom November 1997 schließt Nigeria von allen internationalen Sportveranstaltungen aus. Davon ausgeschlossen sind lediglich „die bereits organisierten Vorbereitungsspiele zur Fußball-WM“. Nach den Worten der grünen Europaabgeordneten Edith Müller war das Spiel Nigeria gegen Deutschland zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht geplant. Die Planung sei „erst im Februar 1998 konkret aufgenommen worden“. Müller warf dem DFB vor, daß die Brisanz des Spiels schon vor Monaten bekannt war: „Der Ersatzgegner Argentinien war bereits eingeplant.“

Ursprünglich wollte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen den Nigerianern aufgrund des EU-Beschlusses die Einreise verweigern lassen. Der Deutsche Bundestag lehnte den entsprechenden Antrag am 5. März jedoch ab, obwohl einen Tag zuvor der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit den Stimmen aller Parteien für einen Boykott gestimmt hatte.

Nach Meinung des nigerianischen Oppositionellen Lazarus Tamana dient das Sportereignis nur dazu, die Abacha-Diktatur zu stützen. „In Nigeria dürfen nur regierungstreue Fußballer in der Nationalmannschaft spielen“, so Tamana.

Unterdessen legen die Fußballvertreter den Kritikern Steine in den Weg. So sollten die Demonstrationen gegen das Spiel zunächst auf den Vorwiesen des Stadions stattfinden. Hier beraumte der DFB jedoch kurzfristig ein Jugendturnier an. Die Kritiker spekulieren derweil auf einen Konflikt zwischen Werbewirtschaft und Fußballbund. Es sollen Werbebanden im Stadion überklebt werden, bei Greenpeace wurde für eine Kletteraktion angefragt.

Die Bundesregierung hüllt sich in Schweigen. Auf eine Anfrage der Grünen Christa Nickels antwortete der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP), daß das Spiel in „vollem Einklang mit dem Beschluß der Europäischen Union stehe“. Die niederländische Regierung hingegen forderte den niederländischen Fußballverband auf, das WM-Vorbeitungsspiel der Niederlande gegen Nigeria im Juni abzusagen. Christian Esser

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen