: Lachsalven in der Schuhfabrik
■ Auftrag erfüllt, Belohnung gefordert: Waldau-Theater-Intendant Derda will mehr Zuschuß
Michael Derda kann sich noch wundern. „Oh, beim letzten Mal war nur jemand aus Walle hier“, staunte der Intendant des Waldau-Theaters über den guten Besuch der gestrigen Spielplanpressekonferenz.
Doch ganz egal, wie bedeutend dieses Blatt auch sein mag: Theater machen in Bremen-Walle ist eben nicht vollends kalkulierbar. Die einzige Ausnahme: der Erfolg. „Das Konzept ist aufgegangen, die Leute wollen dieses Theater sehen“, kommentierte Derda die ZuschauerInnenzahlen der laufenden Saison: „Eine Million und acht zum Stichtag 26. März!“Hä? „Sorry, einhunderttausendundacht“, korrigierte Derda den deutlichsten Beweis für die seiner Ansicht nach erfolgreichste Spielzeit seiner Intendanz. Und er fügte – jetzt mit dramatischer Geste – an: „Mehr ist nicht drin“– wenn der Zuschuß von zur Zeit 1,3 Millionen Mark im Jahr nicht erhöht wird. 300.000 Mark mehr fordert Derda, sonst beginne das „Kaputtsparen des Theaters“und wandere das Ensemble ab.
Seit 1994 leitet der Schauspieler und Regisseur das ehemalige niederdeutsche Theater im Bremer Westen. Zuvor hatte die Bühne vor allem durch Querelen von sich Reden gemacht. Die damalige bündnisgrüne Kultursenatorin Helga Trüpel hatte den Zuschuß von 1,9 Millionen Mark schon auf eine Schließungsbeihilfe herunterkürzen wollen, bis sich ein Freundeskreis für den Erhalt des Theaters einsetzte und Derda zum Intendanten berufen wurde.
Mit einer Mixtur aus hochdeut-schen Boulevardstücken und niederdeutschem Theater sowie den unverwüstlichen Weihnachtsmärchen macht Derda seither in Walle Programm. Hier wie dort dominieren Komödien den Spielplan. Vergleichsweise ambitioniertere Projekte aus dem tragischen Fach wie Williams „Glasmenagerie“sind aus dem Spielplan verschwunden und tauchen auch in der nächsten Saison nicht mehr auf.
Angst um den Schnitt zwinge Derda zu dieser Entscheidung, obwohl er gern einmal Brecht machen und endlich mal „richtig“inszenieren würde.
Bei den niederdeutschen Stücken ist Michael Derda und seinen 36 MitarbeiterInnen in der laufenden Saison nach eigenen Angaben eine beachtliche Trendwende gelungen: „Die Auslastung ist von 40 Prozent auf 54 Prozent gestiegen“, so der Intendant. „Damit erfüllen wir unseren kulturellen Auftrag.“Bei hochdeutschen Stücken liege sie im Schnitt bei 82 Prozent und bei den Kinderstücken bei 96 Prozent.
Bei unverändertem Zuschuß sei das nicht mehr zu steigern: „Bei anderen Theatern werden Kostensteigerungen übernommen, nur bei uns nicht“, ärgert sich Derda. Und richtig schimpfen kann er darüber, daß die KollegInnen am Goetheplatz für eine „zweifelhafte Sommerbespielung“Ausfallbürgschaft und Marketing-Zuschuß bekommen. Bei 300.000 Mark mehr würde er Ruhe geben und bis zum Ende seiner Amtszeit 2002 keine Forderung mehr stellen.
Investiert wird aber ins Waldau-Theater: So um die Saisoneröffnung am 18. September mit der niederdeutschen Fassung von Goldonis „Diener zweier Herren“soll das neue Foyer fertig sein.
Seit etwa eineinhalb Jahren werden im Waldau-Theater, das auch von der Kammerphilharmonie als Probenstätte genutzt wird, rund vier Millionen Mark verbaut. Derda: „Es wäre doch ein Wahnsinn, wenn hier eines Tages alles fertig ist und eine Schuhfabrik reinkäme.“ ck
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