Harmonische Familienfeier in Grün

■ Empfang zu Joschkas 50.: Kerstin Müller gratulierte für die Fraktion, Gunda Röstel für die Partei, und Jürgen Trittin brachte die Geschenke

Bonn (taz) – „Das ist ja hochsymbolisch.“ Eher nachdenklich und ruhig als lauthals und begeistert begutachtete Joschka Fischer, Fraktionschef und Marathon- mann der Bündnisgrünen das Geschenk der Partei zu seinem 50. Geburtstag. Die Bronzeplastik zeigt anscheinend einen sportlichen Wettkampf – Tauziehen, vier Mann an einem Seil. Drei an einem Ende, ein Einzelkämpfer auf der anderen Seite. Langsam, aber sicher zieht der Einzelkämpfer die anderen zu sich herüber.

Nun kann der Einzelkämpfer für die Grünen stehen und die drei anderen für CDU, SPD und FDP, wie Parteisprecher Jürgen Trittin vorschlägt. Er kann aber auch Joschka höchstpersönlich darstellen, wie er den Rest der Partei zu sich herüberzieht – eine Interpretation die etlichen Teilnehmern des Festaktes am Montag abend viel näher stand. Schließlich war man in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung zuallererst bei einer grünen Familienfeier, wie auch Fischer in seiner Dankrede anmerkte. Einer Familienfeier, bei der es kurz vor den Wahlen in Sachsen-Anhalt noch einmal betont harmonisch und friedlich zuging. Kerstin Müller gratulierte für die Fraktion, Gunda Röstel für die Partei, und Jürgen Trittin überreichte die Geschenke. Zumindest an diesem Abend schienen alle einig, daß sie dem größten Grünen auf diesem Planeten ihre Referenz erwiesen. Und Joschka war, trotz vorheriger Skepsis ob der Sinnhaftigkeit der Veranstaltung, dann „doch richtig gerührt“.

Mozart als Gratulationsständchen, viel gedecktes Tuch und Kostüme, auch an ihrer Feierkultur sind die Grünen erkennbar auf dem Weg zu einer möglichen Regierungspartei. Da fiel der Besuch der Konkurrenz habituell kaum noch auf. Nicht nur die Bundestagspräsidentin, die nicht nur aus Neigung, sondern quasi von Amts wegen vorbeikam, auch Rudolf Scharping, Peter Glotz und der neue SPD-Medienstar Franz Müntefering erwiesen Joschka Fischer die Ehre. Als Trittin in seiner Rede erwähnte, vor 15 Jahren hätte er sich nicht vorstellen können, an einem solchen Ort und in diesem Rahmen Geburtstaggratulationen zu überbringen, zischte zwar jemand, „das hast du auch nur Joschka zu verdanken“, aber sonst blieb die Harmonie über alle Flügelgrenzen gewahrt. Selbst fischerkritische Grüne, wie der frühere Parteisprecher Ludger Volmer, fanden die Feier rundum gelungen.

Erst später, als die Weintabletts bereits mehrmals abgeräumt waren und auch der inoffizielle Teil der Feier langsam zu Ende ging, wurden die Sorgen vor dem kommenden Sonntag laut. Magdeburg, so fürchten etliche, könnte nach dem Parteitag vor einigen Wochen, am Wahlabend zum Ort eines neuerlichen Schlags ins grüne Kontor werden. Das einzige Gute an dieser Aussicht, machte sich der Maranthonläufer selbst Mut, sei, daß die Tiefschläge schon jetzt und nicht erst in der Endphase des Wahlkampfes kommen. „In der ersten Halbzeit ist noch kein Spiel verloren.“ Jürgen Gottschlich