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Imponderabilien der Papstwerdung Von Lutz Büge

Wenngleich vielleicht ein bißchen früh, wollen wir es uns trotzdem nicht nehmen lassen, schon jetzt einen Vorschlag für das Unwort des Jahres '98 zu unterbreiten, frei nach dem Motto: Die Ersten werden die Besten sein! Es lautet Pa... Papa... Du liebe Zeit, es will uns nicht von der Feder! Konzentration also, und nun frisch losgelegt: Papabilität. Genau. Das ist es. Und gleich noch einmal: Papabilität. Ein schönes Wort. Geht runter wie Speck. Und das Beste daran ist: Wir wissen sogar, was es bedeutet! Das ist keineswegs selbstverständlich bei den vielen Litäten, die heutzutage ständig von einem gefordert werden, wie etwa Mobilität, Flexibilität, Fertilität und Fluxilität. Mit denen hat Papabilität aber nichts zu tun, nicht das geringste. Eher schon mit Debilität und Letalität. Und natürlich vor allem mit Forschilität und Diplomabilität.

Papabilität heißt nämlich ungefähr: Potenz zur Papstwerdung, und wer Papst werden will, muß seinen Anspruch wohl zwar mit Ehrgeizilität vorbringen, damit nicht der Eindruck von Ziellosilität entsteht, doch er darf auch nicht in Aufdringilismus verfallen. Immer schön sachte, das ist die Hauptsache bei der Papabilität. Es gibt darum nur wenige Kardinäle, die wirklich alle Anforderibilitäten erfüllen. Zur Zeit werden es übrigens noch weniger, denn der belgische Kardinal Daneels ist gerade dabei, sich selbst aus dem Rennen zu werfen. Das Erzbistum Mechelen zwar sieht seine Papabilität nicht gefährdet, aber das liegt wohl nur am kirchlichen Blindilismus.

Der Kardinal hat nämlich gerade einen wichtigen Prozeß verloren. Ein belgisches Gericht hat die Kirche im Falle eines pädophilen Priesters für haftbar erklärt, sie muß nun Schadenersatz an das Vergewaltigungsopfer leisten, einen zwölfjährigen Jungen. Begründung: Die Kirche habe gegenüber ihren Angestellten eine Aufsichtspflicht, welche in diesem Fall sträflich vernachlässigt worden sei; darum sei sie für die Verfehlung ihres Priesters verantwortlich. Dumm gelaufen für Kardinal Daneels. Es hängt nun wohl von der Berufung ab, was aus seiner Papabilität wird. Er würde nämlich gern Nachfolger von Papst Johannes dem Paul werden, und bisher hatte er auch gute Chancen – aber jetzt? Unser Tip: Nicht böse sein, wenn's nicht klappt. Die Kirche ist groß im Vergeben von Sünden, und der Groer in Österreich lebt ja schließlich auch noch. Dieses Phänomen heißt in Fachkreisen auch Nonsuizidilität.

Johannes der Paul hat übrigens gerade mal wieder ein schönes Beispiel für seine überragende Geistilität erbracht. Die Krönung seines Lebenswerkes soll die Aussöhnung zwischen Juden und Christen sein, und zwar möglichst punktgenau zum „Heiligen Jahr 2000“, und darum hat er jetzt verlauten lassen: „Christus wurde von allen Sündern gekreuzigt, nicht nur von den Juden.“ In Israel greift bereits das große Aufatmen um sich. Doch Vorsicht, Juden: Lest den Satz genau! Er beinhaltet keine Vergebung, sondern verteilt die Schuld nur auf eine größere Zahl von Schultern – ein Schachzug, den man auch als Verschleierilismus bezeichnen könnte, wenn er nicht an prominentem Termin getan worden wäre, am Karfreitag. Natürlich hat die Fachwelt eine schlagende Erklärung für des Papstes Taktik, nämlich: Osterizität bei fortgeschrittenem Gerontologismus.

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