Nicht ertrinken, Frust ertränken

■ Poseidon Hamburg steigt aus der Wasserball-Bundesliga ab

Frank Herberger sitzt gelassen am Beckenrand. Fast teilnahmslos blickt er auf das, was im Wasser passiert. Über die Fehler seiner Schützlinge während des Trainingsspiels regt er sich nicht mehr auf, wozu auch. „Langsam fängt man an zu resignieren“, gesteht der 38jährige. Derweil mühen sich die Spieler des Wasserball-Bundesligisten Poseidon Hamburg nach Kräften, doch es mangelt ihnen an Klasse. Was soll ein Trainer auch machen, wenn seinen Akteuren „sogar beim Viermeter-Freiwurf der Ball aus der Hand fällt“.

Frank Herberger sieht seine Lage realistisch: „Wenn es für meinen Posten Alternativen gäbe, wäre ich schon längst rausgeflogen.“Doch gute Wasserballtrainer sind rar. Deswegen darf Herberger, früher selbst in der Bundesliga aktiv, weiter coachen – und zwar alles andere als erfolgreich. Nach zwei Dritteln der Saison steht ein mickriges Unentschieden auf der Habenseite der Hamburger Prügelknaben. In der Regel verliert der Aufsteiger mit mehr als zehn Toren Differenz. Das sind im Wasserball Welten. Auch im morgigen Spiel gegen Meister und Tabellenführer Spandau 04 droht eine Klatsche.

Ans Aufhören denkt der Coach dennoch nicht: „Ich hänge mit dem Herzen an der Mannschaft.“Nur so läßt sich auch der enorme Zeitaufwand, den Herberger in Kauf nimmt, erklären. Viermal pro Woche Training, dazu am Wochenende die Auswärtsfahrten quer durch Deutschland. Denen kann Spieler Gerrit Schüen sogar noch eine positive Seite abgewinnen: „Auf den Rücktouren haben wir genug Zeit, unseren Frust zu ertränken.“

Die Ursachen für die Misere zeichneten sich bereits vor der Saison ab. „Wir haben gute, junge Spieler“, lobt Frank Herberger zwar. Im rauhen Bundesligaalltag mußte er aber feststellen, „daß sie noch nicht so weit sind“. Von den Älteren hätten einige „den Zenit schon überschritten.“Zudem kehrten Leistungsträger dem Verein vor der Saison kurzfristig den Rücken. Nur ein Spieler des aktuellen Kaders verfügt über Erstligaerfahrung, „und das ist zehn Jahre her“.

Poseidon mangelt es aber nicht nur an guten Spielern. „Das Management war eine Katastrophe“, urteilt der Trainer. Die Leute hinter den Kulissen seien genauso überfordert wie die Mannschaft. Neben Geld fehle auch ehrenamtliches Engagement. „Zum ersten Heimspiel hatten wir nicht einmal einen Zeitnehmer“, berichtet Herberger. Die Zuschauerzahlen lassen stetig nach – verständlicherweise.

Was Poseidon bleibt, ist die Hoffnung auf einen Neuanfang. „Das Umfeld ist schon etwas professioneller geworden“, sieht Herberger einen Lichtblick am Horizont. In der zweiten Liga soll mit hoffnungsvollen Talenten ein neues Team aufgebaut werden. „In zwei bis drei Jahren könnten wir in der Bundesliga konkurrenzfähig sein.“Dann wird vermutlich auch er noch dabei sein, denn Frank Herberger weiß: „Wasserballtrainer wachsen nicht auf den Bäumen.“

Matthias Wohlrab

Poseidon Hamburg – Spandau 04, morgen, 17 Uhr, Dulsbergbad