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Wer ist der Vater?

■ Frau wegen Falschaussage verurteilt

Vor einem Monat hat sie ihn geheiratet. Aus Liebe. Vor einem Jahr hatte er sie hingegen noch verklagt. Aus Empörung. Denn die 25jährige Frau hatte behauptet, ihr jetziger Ehemann sei der Vater ihres mittlerweile 20 Monate alten Mädchens. Das zu sein bestritt er jedoch und konnte dies auch per Bluttest belegen. Folge: Die Staatsanwaltschaft klagte die Frau wegen falscher uneidlicher Aussage an. „Weil Kinder nicht vom Himmel fallen, dafür sitzen Sie jetzt hier“, sagte der Amtsrichter zu der erneut Hochschwangeren. Der nun tatsächlich werdende Vater, dessen Bluttest die Frau in die Bredouille gebracht hatte, wartete derweilen auf dem Gerichtsflur auf seine Frau – an der Hand das kleine Mädchen, dessen leiblicher Vater er nicht ist.

Schon immer, erläuterte die Angeklagte dem Richter, habe sie behauptet, daß ihr Gatte nicht der Vater ihrer Tochter ist. Bereits während der ersten Vernehmung vor dem Zivilgericht habe sie gesagt, daß sie nicht nur zu ihm, sondern auch zu einem anderen Mann sexuelle Kontakte unterhielt. Der sei auch der wirkliche Vater – was allerdings auch er bestreitet: Ein Bluttest ist in Arbeit.

Daß in den Protokollen der Zivilgerichtsverhandlung dennoch der ziemlich unmißverständliche Satz auftaucht, ihr Ehemann sei der Vater, war der Frau selber schleierhaft. Sie sei damals emotional gestreßt gewesen und zudem vom Jugendamt gedrängt worden, ihren Gatten, mit dem sie zu der Zeit bereits in einer Wohnung lebte, der Vaterschaft zu bezichtigen. Der Richter schenkte dieser Erklärung jedoch keinen Glauben und verurteilte die Angeklagte zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen a 15 Mark. Das war der Frau, die Schule und Berufsausbildung „wegen einer Menge Sorgen und Problemen“abgebrochen hatte und seither von der Sozialhilfe lebt, lieber als der alternative viermonatige Aufenthalt im Knast. zott

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