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Lektion für Deutschland

US-Bürgerrechtler beobachten von Berlin aus rechtsextreme Vorfälle – und erteilen antirassistische Nachhilfe  ■ Aus Berlin Barbara Junge

In der Bundesrepublik tauchen sie oft nur noch als Statistik auf: die Vielzahl rassistischer Überfälle und die ausländerfeindliche Stimmung im Land. Bei den Überlebenden des Holocaust und ihren Nachfahren indes weckt der deutsche Rechtsextremismus mehr und mehr Besorgnis. Besonders in den USA wächst das Bedürfnis, die Entwicklung in Deutschland zu beobachten. „Monitoring“ lautet das Konzept, mit dem amerikanisch- jüdische Organisationen rechtsextremen Tendenzen hier begegnen wollen.

Seit dieser Woche fördert auch B'nai B'rith, eine der international größten jüdischen Organisation, die antirassistische Nachhilfe in der Bundesrepublik. Sie unterstützt den Aufbau eines „Anti-Defamation Forums“ (ADF) in der deutschen Hauptstadt. Das ADF soll sich der Aufgabe widmen, demokratische Strukturen zu stärken, gegen Rassismus und Antisemitismus zu kämpfen und den interkulturellen Austausch zu stärken. Oder, wie es der Präsident von B'nai B'rith, Tommy Baer, bei der Vorstellung des ADF in Berlin formulierte: „Wir wollen das Bewußtsein und die Wachsamkeit der Deutschen wecken.“

B'nai B'rith bemüht dafür bevorzugt diplomatische Kanäle. Statt markiger Erklärungen setzt Baer auf vertrauliche Gespräche. „Wir wollen unsere Besorgnis über die Entwicklung ausdrücken, keinen Druck auf die deutsche Regierung ausüben“, erklärte Baer vor seinem gestrigen Treffen mit Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP). Man werde im weiteren Sinne „über diese Themen sprechen“. Genauer wollte sich Baer nicht zum Inhalt der Gespräche äußern.

Aufgrund der deutschen Geschichte jedoch müsse man auf rechte Bewegungen in Deutschland einen spezifischen Blick werfen. „Wir sind besonders betroffen, in diesem Land Skinheads randalieren zu sehen, wie zum Beispiel damals in Rostock“, skizzierte Baer den amerikanischen Blick. Bereits vor dem ADF hatte Anfang des Jahres das American Jewish Committee seine erste europäische Dependance in Berlin aufgebaut – als Ausgangspunkt für Aktivitäten in Osteuropa, als Forum des deutsch-jüdischen Dialogs und zur kritischen Beobachtung rechtsextremer Tendenzen. Jetzt plant das ADF neben der Jugendarbeit ein Forschungs-und Dokumentationszentrum.

Der Historiker Friedemann Schmidt, der die Forschungsstätte für das ADF aufbaut, sagt zur Zielsetzung: „Wir wollen alle Ereignisse, besonders die neurechten Debatten, dokumentieren und analysieren, die Jahr um Jahr über uns hinwegbrausen: die Debatte um die Wehrmachtsausstellung, den Rechtsextremismus in der Bundeswehr, die Auschwitzleugnung.“ Dabei, so Schmidt weiter, gehe es um mehr als die offensichtlichsten Erscheinungen des Rechtsextremismus. „Wir wollen die Wechselbeziehungen zwischen Rechtsextremismus und Entwicklungen im Zentrum der Gesellschaft transparent machen.“

Zum Gründungskuratorium des ADF gehören Michel Friedmann vom Zentralrat der Juden in Deutschland und der Vorsitzende der Berliner Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama. Den Trägerverein haben Berliner B'nai-B'rith- Mitglieder ins Leben gerufen. Noch steht die Finanzierung allerdings auf wackligen Beinen. „Wir unterstützen das ADF, aber finanzieren sollen dieses Forum die Deutschen“, betonte B'nai-B'rith- Präsident Tommy Baer in Berlin, „das muß eine deutsche Angelegenheit werden“. Ebenso, so Baer weiter, wie es eine deutsche Sache sei, „ob die Deutschen es zulassen, daß die rechtsextreme Bewegung sich ausbreiten kann“.

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