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Ghetto-Kind, ans Kreuz genagelt

■ Die Sünden der Vergangenheit, das Geld der Gegenwart: der Hamburger Rap-Millionär Nana Von Oliver Rohlf

atürlich hat Nana Wichtigeres zu tun, als Interviews zu geben. Immerhin ist der Shooting Star des Chart-Pop vor wenigen Wochen zum ersten Mal Vater geworden. Und nun sitzt er im Foyer seines Labels und muß vom Album Father, Mitte Mai auf dem Markt, erzählen. Aber das gehört zum Geschäft, und Nana läßt gemächlichen Blickes kaum Zweifel aufkommen, daß ihm die Chose am Arsch vorbeigeht. Verständlich – eigentlich gibt es auch zum Thema Musik nichts Neues zu verkünden.

Nanas Pop-Rap ist handelsüblich, ein selbstgefälliger Singsang, der einem noch einmal die Mär vom einsamen Wolf im Hitparadengeschäft erzählt. Kurz: Einmal Nana, immer Nana. „Ich habe versucht, all das zu verarbeiten, was ich in den letzten Monaten erlebt habe“, so der 29jährige lakonisch. Eigentlich eine Phrase, die vom öden Business as usual zeugt. Die Kuh wird gemolken, na und.

Bei Nana hingegen ist in den „letzten Monaten“wirklich einiges passiert. Nur mit Musik hatte das wenig zu tun. Was sich in Star-Biographien als Bilderbuchkarriere des zum Plattenstar aufgestiegenen Ghettokindes lesen ließ, bekam vor einem Jahr einen Knacks, als Nana ein sehr unangenehmes Kapitel seiner Vergangenheit einholte: Dem Darkman-Sänger drohen in einem bis heute schwebenden Verfahren dreieinhalb Jahre Gefängnis, weil er Anfang der Neunziger auf einer Party zwei Männern mit Baseballschlägern die Unterarme gebrochen haben soll. Es war, als mischten sich für den gebürtigen Ghanaer die Fiktion seiner Lieder mit den gewaltsamen Sünden seiner Jugend. Deutschland hatte endlich seinen ganz privaten Gangsta-Rapper. Einen Ghetto-Aussteiger, der in der Plattenbau-Tristesse von Steilshoop der Gewalt verfallen war.

Wie ein Pop-Prophet in eigener Sache tat Nana in seinem größten Hit „Lonley“Buße für vergangene Tage und gelobte Besserung. Für einen kurzen Augenblick spaltete er mit seiner „Schuld-&-Sühne“-Geschichte die hiesige Musikwelt: Die Kritik ging auf Distanz, seine Plattenfirma schaltete ganzseitige Solidaritätsanzeigen. Genutzt hat das ganze Ghetto-&-Gewalt-Theater vor allem dem Bestseller Nana, der über zwei Millionen Tonträger verkaufte und vier Singlehits hatte. Vor kurzem hat er auch noch zwei Echos abgeräumt. Das System bezahlt seine bösen Buben eben mit zweierlei Maß – Geld und Gefängnis. Daß seine Songs dem eigentlichen HipHop mehr als nur ein Bein stellen könnten, ficht Nana nicht an: „Klar weiß ich, daß ich keinen HipHop mache. Es ist Pop, mehr nicht. Ich weiß schon, was da wirklich abgeht. Zu Hause höre ich die wirklich harten Sachen wie Wu Tang und so, ich habe das ja lange genug selbst gemacht als DJ.“

Nana, bekennender Christ, der die Gewalt in die deutsche Popmusik der Neunziger gebracht hat, hat schon lange die Nase voll vom zweifelhaften Erfolg. Kindersendungen wie Chart Attack meidet er genauso wie „dieses ganze Gelaber über Steilshoop als Brooklyn von Hamburg. Die Leute wissen nicht, wovon sie reden“, sagt er – und hört nicht auf, genau dieses Märchen in seinen Liedern und Videos zu predigen. Etwa in dem Bee-Gees-Cover „Too Much Heaven“, in dem er von Verlusten singt und, Gott ist sein Zeuge, der Gewalt abschwört. Sein Lebenswerk ist das nicht: „Ich mach' das jetzt noch ein paar Jahre, und dann hör' ich auf als Sänger. Ich habe doch keinen Bock, in zehn Jahren immer ein und dieselben Fragen zu beantworten. Außerdem habe ich jetzt eine Familie. Und nur die weiß, wie ich wirklich bin.“

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